Nach vielen Wochen Aufregung, Sorge, Umzugsstress und Trauer brauchen wir jetzt unbedingt etwas Erholung.
Meine (Petras) Mutter hatte sich nach mehreren Klinikaufenthalten doch entschieden, in eine Seniorenwohnung umzuziehen. Zu Hause wurde – mit 89 Jahren – alles viel zu mühsam. Doch nach nur wenigen Tagen in ihrer schönen neuen Wohnung… akutes Nierenversagen.
Nun ist sie wieder mit ihrem Mann vereint – sie wurde seebestattet in der Lübecker Bucht. Dort werden wir beide – mein Vater ist schon vor 18 Jahren verstorben – öfter mit unserer Pilgrim besuchen.
Donnerstag, 19. August 2021 – jetzt brauchen wir endlich Urlaub. Plan ist, gemütlich in der Dänischen Südsee etwas auszuspannen: nur kurze Etappen und bloooß kein Stress.
Wir segeln erstmal… nicht los. Die mittlere Windstärke ist soweit ok, aber die immer wieder heftig einfallenden Böen laden nicht zum ablegen ein. Also gaaanz entspannt ins Cockpit setzen, an einem leckeren Drink nippen und die Ruhe des Hafens genießen. An einem Donnerstag ist es doch deutlich weniger geschäftig als am Wochenende. Die Wetter- und Windaussichten für Freitag sind ok und so bereiten wir alles für einen Start am nächsten Tag vor: Frischwasser auffüllen, Seekarten bereitlegen und früh zu Bett, damit wir dann auch zeitig ablegen können.
Also am Freitag, 20.08.21 um 09.30h – doch nicht so ganz früh – ab nach Heiligenhafen. Erst ist auch noch Segelwind – und reichlich dunkle Wolken, die glücklicherweise immer um uns herumziehen. Der Wind scheint sich allerdings die vorigen Tage ziemlich verausgabt zu haben, sodaß wir nach wenigen Seemeilen die Segel einpacken und den Motor seine Arbeit tun lassen. Schließlich wollen wir ja auch mal ankommen.


Es gibt Menschen, die auch bei Flaute stundenlang dahindümpeln und auf den nächsten Luftzug warten können… wir gehören nicht dazu. Bei aller Entspannung… das ist zuviel des Guten. Und so ein Schiffsmotor muß ja auch mal richtig warmlaufen und Strecke machen. Viele Motoren stehen sich kaputt, wenn sie nur zum an- und ablegen genutzt werden. Und das ist keine Entschuldigung, sondern auch die Meinung von Bootsmotoren-Kennern.
In Heiligenhafen haben wir einen guten Freund, den wir anrufen und um eine Liegeplatzreservierung bitten. Man sollte meinen, dafür ist der Hafenmeister zuständig. Doch weit gefehlt! In Heiligenhafen haben wir da keine guten Erfahrungen gemacht.

Doch auf Angelika+Ferdi ist wieder Verlass. Ganz viele Plätze sind frei – aber mit rotem Schild markiert. Heißt: besetzt/ man darf als Gast nicht festmachen. Nun gibt es aber immer mehr (un)freundliche Zeitgenossen, die gerne in anderen Häfen einen freien Platz finden möchten, aber ihren eigenen für Gäste nicht freigeben. Das scheint der aktuelle Zeitgeist zu sein: ich… ich… ich zuerst!
Das ist nicht, was man unter Seemannschaft versteht. So auch bei dem für uns von Ferdi gefundenen Platz: der Eigener ist mit seinem Schiff einige Tage unterwegs – die Stegnachbarn sind informiert – aber der Platz bleibt weiterhin rot, also belegt. Und so ist die Schar der abends auf der Suche nach einem freien Liegeplatz durch den Hafen kreiselnden Schiffe beträchtlich. Da ist es gut, jemanden zu kennen, den man fragen kann! Wieder mal vielen Dank an Angelika+Ferdi ! Nach dem Festmachen nehmen wir gemeinsam einen leckeren Einlaufdrink.
Zum Abendessen genießen wir Fisch aus der Fischhalle am Fischereihafen (sehr zu empfehlen und deutlich leckerer als von Gosch am Yachthafen) und gehen früh zu Bett – morgen wollen wir wirklich zeitig starten.
Samstag, 20.08.21 um 05.00h aufstehen, 06.00h ablegen – zum Sonnenaufgang. Wieder nur wenig Wind und so gibt es eine entspannte Motorfahrt nach Bagenkop. Endlich in Dänemark! Die frühe Auslaufzeit in Heiligenhafen wird mit freier Platzwahl im Zielhafen Bagenkop belohnt. 11.45h machen wir an unserem Lieblingsplatz fest. Ab nachmittags nehmen wir dann, versorgt mit kalten Getränken, im Cockpit unsere Logenplätze ein und verfolgen gespannt das Hafengeschehen – Kinos sind ja wieder geöffnet 😜. Das bei viel Wind übliche Anlege-Chaos – oder auch Hafenkino genannt – hällt sich allerdings in Grenzen. Nun haben wir schon mal einen Platz in der ersten Reihe und dann wenig Wind. Das sollte sich allerdings am nächsten morgen deutlich anders darstellen!
Aber erstmal ist Sommer in Dänemark! Kurze Hose ist angesagt und auf dem Weg zum Hafenmeister gibt es eine Eisbude – lecker!








Bagenkop hat es inzwischen den einlaufenden Schiffen leichter gemacht, eine passende Box zum anlegen zu finden: an jeder Box steht die Durchfahrtsbreite. Wir sind auch schon so manches Mal zwischen den Dalben steckengeblieben, denn der zum Schiff passende notwendige Abstand ist wirklich schwer zu schätzen.
Sonntag, 22.08.21 Endlich ist mal ausschlafen angesagt – Überschrift ist schließlich: Urlaub.Wir haben beschlossen, einen Tag hier in Bagenkop zu bleiben und mal zum Langelands Fort zu radeln. Vorher ist allerdings Hafenkino angesagt: der Wind hat ein wenig zugelegt und einige Segler mühen sich redlich, bei auflandigem Wind von der Mole wegzukommen. Kalli mit seiner Erfahrung gibt den einen oder anderen Manövertipp: z.B. eine Spring legen (z.B. von der achterlichen Klampe des Schiffes nach etwa mittschiffs an Land), die entspr. Schiffsseite gut abfedern und in die Spring eindampfen (Rückwärtsgang, Ruder einschlagen und Gas geben) und das Schiff dreht sich dann mit dem Bug ganz langsam von der Mole weg… klappt auch ohne Bugstrahlruder! Die Tipps werden auch immer gerne angenommen.
Nach seinem Hafenmeister-Job packt Kalli unsere Fahrräder aus und ab geht es zur Besichtigung des Langelandsfort. Wir hätten auch gerne die hafeneigenen großen Fahrräder genutzt – doch wer steht schon morgens um 07.00h bereit um diese vom Hafenmeister entgegenzunehmen. Froh ist, wer eigene Räder an Bord hat, auch wenn sie ein bisschen kleiner sind!



Nach einer 20-minütigen Radtour – also noch im Rahmen dessen, was man so als Segler ohne Schiff zurücklegt (ist ja ein Segelurlaub und kein Rad- oder Wanderurlaub) erreichen wir das weitläufige Gelände des Langelandsfort. Dort erwartet uns ein ca. 2,5 km Spaziergang entlang der verschiedenen Exponate. Das Langelandsfort war eine dänische Küstenfestung. Sie wurde 1953 an der Südspitze der Insel Langeland im Gebiet der Gemeinde Bagenkop erbaut. Das Fort war eine bis 1993 besetzte Festung der dänischen Marine und ist heute ein Museum. Von hier überwachte die dänische Marine während des Kalten Krieges die Aktivitäten des Warschauer Pakts im westlichen Teil der Ostsee. Es diente dazu, die Passage von Kriegsschiffen durch den Langelangsbelt zu überwachen und im Kriegsfall zu verhindern.
Die Bewaffnung bestand aus vier 150-mm-Geschützen. Die Rohre dieser Geschütze stammten aus aufgelösten Geschützstellungen des deutschen Atlantikwalls. Zum Schutz gab es zwölf Bunker.
Langelandsfort war von 1961 bis 1986 das Hauptquartier des Langelands Marinedistrikt. Bis zu 400 Marinesoldaten waren in der Holmegård-Kaserne bei der Festung stationiert. In den 1960er-Jahren wurde der Personalbestand reduziert, da die Festung nach dem Ausbau der westdeutschen Bundesmarine an Bedeutung verlor.









Heute ist Langelandsfort ein Museum mit der Aufgabe, die Geschichte des Kalten Krieges zu erklären. Zahlreiche Objekte wie eines der letzten U-Boote der dänischen Marine, die 1964 gebaute und bis 1989 eingesetzte Springeren, eine MiG-23 oder ein Stück der Berliner Mauer sind ausgestellt. Eine der ehemaligen Geschützstellungen ist für die Besucher zu besichtigen. Im Falle eines Krieges hätte das dänische Staatsfernsehen Danmarks Radio aus einem noch vollständig eingerichteten Bunker gesendet. In einem Notkrankenhaus ist die Geschichte des dänischen Zivilschutzes dargestellt.
Den Rückweg von der wirklichen sehenswerten Besichtigung verbinden wir mit einem Kurzeinkauf bei Brugsen, dem dänischen Edeka und einer Rundfahrt durch den kleinen Ort. Und dann ein leckerer Drink als Vorbereitung des abendlichen Grillens. Rinderfilet und Entrecote hatten wir vakuumiert schon von zu hause mitgebracht – jetzt kommt der Einsatz unseres geschätzten Tefal Optigrills. Nicht Grillkohle sondern der Kontaktgrill kommt zum Einsatz. Inzwischen ist die Stromversorgung am Hafen auch so gut, dass die Sicherung beim Betrieb eines solchen Gerätes nicht herausspringt. Vor Jahren hat schon ein simpler Wasserkocher für dicke Backen am Sicherungskasten gesorgt.





Montag, 23.08.2021 Ein richtig schöner Sommer-Segeltag liegt vor uns. Der Wind bläst mit gemütlichen 3 Beaufort aus einer für uns bestens passenden Richtung und so genießen wir das Segeln entlang Ærøs Westküste. Da sich bei dem sehr moderaten Wind auch keine Wellen aufgebaut haben, sehen wir mehrfach Schweinswale gemütlich durchs Wasser gleiten. Einmal sogar eine vierer Gruppe mit Jungtier. Und das auch noch ganz dicht am Schiff. Immer wieder toll zu sehen. Das zeitige Ablegen in Bagenkop beschert uns wieder frei Platzwahl in Søby – wir entscheiden uns mal für längsseits liegen. Kurz vorm Einlaufen in den Hafen müssen wir allerdings noch der auslaufenden Fähre Platz machen. Besser ist besser. Das erstaunlich klare Wasser im Hafenbecken lädt fast zum baden ein… das wird später dann auch von einer Gruppe Kids ausgiebig vollzogen.







Unikum Hafenmeister und mal wieder ein schöner Sonnenuntergang
Dienstag, 24.08.21 Heute haben wir nur eine kurze Etappe vor uns – und das ausschließlich unter Motor, da der Wind nur mit max. 1 Bft. aus wechselnden Richtungen bläst. Wobei bläst… er säuselt mehr… oder haucht ganz fein über die Inseln hinweg. Jedenfalls ist das Wasser spiegelglatt – und so sehen wir wieder diverse Schweinswale neben uns schwimmen. Einer ist sogar unter uns durchgetaucht und ganz dicht am Heck wieder an die Oberfläche gekommen. Die Population dieser nicht so wirklich eleganten Tiere hat sich in den letzten Jahren in der Ostsee glücklicherweise etwas erholt.
Mit einer Körperlänge von bis zu 2,5 m gehören diese Tiere zu den kleinen Walen. Die Tiere können zwischen 30 und 200 Kilogramm wiegen, abhängig von der Körpergröße. Schweinswale haben einen gedrungenen Körper mit rundem Kopf und stumpfer Schnauze ohne Schnabel. Die Kiefer enthalten bis zu 120 spatelförmige Zähne. Die Finne ist oft dreieckig und sitzt hinter der Rückenmitte. Leider war ich mit dem Fotoapparat wieder nicht schnell genug, daher hier nur ein Foto aus dem Internet.
wirklich liebenswerte Tiere
In Svendborg ist reichlich Platz – die dänischen Ferien sind ja schon vorbei – und so können wir wieder an unserem Wunschplatz festmachen: ein moderner Schwimmponton mit Aussichtsplattform im Stadthafen. Hier werden wir jetzt einige Tage bleiben.
- Shoppen: es gibt viele gut sortierte Geschäfte und eine quirlige Innenstadt
- auf Freunde warten, die mit dem Zug aus Hannover anreisen, um uns die nächsten Tage bis zurück nach Grömitz zu begleiten (wir hoffen, das der aktuelle Bahnstreik rechtzeitig beigelegt wird!)
- auf einen Tisch in unserem Lieblingsrestaurant warten – dort stehen wir schon seit 4 Wochen auf der Warteliste. Sie sind halt gut besucht!





Mittwoch, 25.08.21 Vor dem Spaß (shoppen) ist erst Arbeit angesagt: putzen, auf- und umräumen… alles für die Gäste vorbereiten. Wir bekommen nämlich liebe Mitsegler.
Inzwischen haben wir auch noch reichlich Nebenlieger bekommen, was Kalli zu einigen Diskussionen veranlasst. Einige Segler, vornehmlich Charterer, meinen nämlich, einfach am Steg anbinden, nen Fender an die Seite binden und permanent am Nachbarschiff schubbern wärs dann. Doch das haben wir nicht so gerne. Das Ergebnis ist dann nämlich reichlich Polierarbeit im Winterlager. Das läßt sich allerdings vermeiden, wenn die Schiffe über zusätzliche Leinen besser angebunden werden und als Ergebnis die Schiffe bzw. Fender nicht permanent aneinander schubbern. Vielen Charterern ist das natürlich meist egal – die geben das Schiff nach dem Urlaub ab und fertig. Shit auf ne Schramme oder Schubberstelle. Aber da haben sie Kalli noch nicht erlebt: er kann schon nett, aber bestimmt, um die korrekte Leinenführung und etwas Abstand – und zwar dauerhaft – zwischen den Schiffen bitten. Wer das vorher nicht gelernt hatte, der weiß es jetzt!
abendliches Konzert direkt vorm Schiff die große Treppe führt hinauf in die Stadt die „Schirmstraße“
Pünktlich um 17.26h fährt der Zug aus Odense im Bahnhof Svendborg ein – die Anreise aus Hannover hat prima geklappt. Zur Stärkung nach der Reise genießen wir leckeren Fisch von der Fischbude am Hafen: Bendixens Fiskehandel ist nicht nur Anbieter von frischem Fisch, sondern auch Grillstation von leckeren warmen Gerichten.





Einen Tag werden wir jetzt in Svendborg bleiben – viel Wind, ein Regenschauer jagt den nächsten – kein Wetter, um fröhlich unterwegs zu sein. Mal schauen, wie es dann weiter geht.