Etappen Sundsvall – Lubban – Mellanfjärden – Kuggören – Hudiksvall
15. – 22. Juli 2022
Sowohl Regen als auch kräftiger Wind – immer NordWest mit 5-6 Bft und starken Böen – halten sich hartnäckig. Für uns bedeutet das: noch etwas länger in Sundsvall bleiben und die Wetterbesserung abwarten. Und noch etwas die Stadt erkunden. Und noch einige Drachen ablichten.

von 1611-1632
König von Schweden



Freund am Hafen





Wir nutzen auch den kurzen Weg vom Hafen zum Systembolaget (einem staatlichen Geschäft mit Monopol zum Verkauf von Alkoholika mit mehr als 3,5% – gibt es in Finnland auch, heißt dort aber Alko) und füllen unseren Bier- und Weinvorrat mal wieder in größerem Stil auf. Der normale Supermarkt darf nur „Bier light“ bzw. alkoholfreies Bier verkaufen, was wir bei uns an Bord „Segelbier“ nennen. Aber man glaubt es kaum: wir finden zwar keine kleinen Prosecco-Dosen – jedenfalls nicht mit Alkohol – aber dafür könnten wir sowohl Weiß- als auch Rotwein nicht nur in Flaschen und 3-Liter-Säcken, sondern auch in kleinen Dosen kaufen. Wer’s braucht…







Am Abend entscheiden wir uns, doch mal wieder ein Restaurant zu besuchen, statt selber zu kochen. Die Corona-Gefahr ist überschaubar: die aktuelle Inzidenz hier in der Region Västernorrland liegt bei 6!!! Das muss man geschrieben sehen: sechs!!! Niedersachsen hat z.Zt. 936! Wir entscheiden uns für das BlackStone Steakhouse und werden nicht enttäuscht. Das war zwar kein preiswertes Abendessen, aber unbedingt jede Schwedenkrone wert: super zarte Fleisch-Kombo – Kalb, Schwein, Wild – serviert auf heißem Lavastein. Genial!
Übrigens kaufe ich nie mehr eine Sonnenbrille. Nachdem sich meine bisherige Segel-Sonnenbrille über die letzten Wochen so langsam aufgelöst hat, habe ich hier in Sundsvall – am ersten Tag unseres Aufenthaltes – endlich eine Neue gefunden… seitdem regnet es 😎🤷♀️☔️. Als der Regen endlich nachläßt nutzen wir die Zeit und die günstige Liegeposition, um doch mal zu versuchen, den Schmutzrand am Wasserpass zu entfernen. Klappt ganz gut… etwas einweichen… etwas schrubben… wenigstens eine Seite ist jetzt wieder chick.






Nachdem sich das Wetter dann so richtig ausgetobt hat und Gewitter, Regen und Starkwind ein Ende finden, verlassen wir Sundsvall, um wieder einen kleineren Hafen anzulaufen. Unterwegs zeigt sich, wie wichtig es ist, nicht nur die Umgebung zu beobachten, sondern auch immer mal einen Blick auf die vermeintlich langweilige Wasseroberfläche zu werfen. Nur so sieht man den einen oder anderen Seehund oder Schweinswal. Oder auf dem Wasser treibende Baumstämme! Die haben hier nun wirklich nichts verloren. Vermutlich sind sie bei dem Starkwind der letzten Tage irgendwo über Bord gegangen und treiben nun herrenlos umher. Glücklicherweise sehen wir sie rechtzeitig und können ausweichen. Und sie schwimmen auch längs zu unserer Fahrtrichtung, denn quer zum Schiff wäre ziemlich blöd. Wenn die Stämme mit Wucht seitwärts gegen die Bordwand rumsen gäbe das vermutlich einen ordentlichen Schaden. Aber ist ja alles gut gegangen 🍀🤞
Nach 20sm finden wir eine Bucht mit einer nagelneuen Betonpier. Das klingt zwar erstmal nicht so idyllisch, doch davor das Wasser ist reichlich tief – erstmal das Wichtigste – und kaum sind wir fest, lunzt auch endlich die Sonne hinter den Wolken hervor. Und gleich sieht es richtig nett aus.





bis 1965 hat hier tatsächlich ein Leuchtturmwärter gelebt




Der zum Hafen Lubban gehörende kleine Ort Galtström – eher einige vereinzelt stehende Häuschen – hat früher sein Geld mit dem Transport von Eisenerz aus den Bergwerken Mittelschwedens und Kalkstein und Quarz aus den Stockholmer Schären verdient. Roheisen wurde für den Versand in schwedische und ausländische Häfen verladen. Der ursprüngliche Hafen befand sich 800 m südlich des jetzigen Kais in Prästviken, musste aber Ende des 19. Jahrhunderts verlegt werden, da er durch die Landhebung zu seicht geworden war. 1876 wurde eine Eisenbahn gebaut, um den Hafen mit den Eisenwerken zu verbinden. Über einige der alten Gleise stolpern wir bei einem kleinen Spaziergang. Zum Be- und Entladen wurden drei Kräne eingesetzt, von denen eine Dampfkran noch am Kai steht. Es gab damals hier auch eine kleine Werft, die einen Zweimast-Schoner und zwei hochseetüchtige Schleppkähne baute. Der Schlepper „Ophelia“, der neben dem Kai aufgebockt steht, hatte ab 1885 seinen Dienst entlang der Nordküste Schwedens geleistet und steht jetzt mehr oder weniger dekorativ in der Landschaft. Der alte Kai wurde 2018 umfassend renoviert, und so haben wir heute einen prima Liegeplatz.






Neben dem Hafen – ist ja eigentlich nur ein langer Kai – befindet sich auch ein kleiner Stellplatz für Camper… und der füllt sich gen abend beträchtlich. Ist aber weit genug weg von unserem Kai und so stören die Wohnmobile garnicht. Wir können sogar einem Urlauber mit etwas Zucker aushelfen: er hatte Blaubeeren gesammelt und wollte nun Marmelade kochen. Blöd ohne Zucker. Tausche Zucker gegen kaltes Bier = alle sind glücklich.
Da die Windvorhersage für morgen besten Wind – sowohl in Richtung als auch Stärke – für unser nächstes Ziel vorhersagt, montieren wir schon mal unseren Code Zero. Der ist in dieser Saison bisher nur einmal kurz zum Einsatz gekommen. Am Abend ziehen sich die Wolken allerdings wieder zu und lassen sogar etwas Regen raus. Doch Regen hat auch etwas schönes: viele Urlauber kommen aus ihren Wohnmobilen raus um einen grandiosen Regenbogen – sogar einen doppelten – zu bestaunen.


Am nächsten morgen (Dienstag, 19.07.) freuen wir uns auf einen perfekten Segeltag. Doch leider ist die Windstärke für unseren Code Zero mit gut 4 Bft zu stark. Da hat doch mal wieder der Wind die Vorhersage nicht gehört! Der Code Zero ist ein Leichtwindsegel – max. 3 Bft reichen ihm – und muss nun leider eingerollt bleiben. Bei dem Wind, mit zusätzlichen starken Böen bis 6Bft, kommen wir auch mit unserem Vorsegel zügig voran. Als die Böen noch etwas stärker werden bergen wir unseren Code Zero lieber, denn die lange Rolle vor dem Vorstag – der eingewickelte Code Zero – verursacht einige Schwingungen im gesamten Schiff, die sich nicht gut anfühlen. Welle haben wir kaum, denn der Wind kommt über Land und wir segeln dicht unter Landabdeckung, und da hat das Wasser keine Zeit, sich zu höheren Wellen zu formieren. So ist der Code Zero problemlos bald wieder gut verstaut.
Wir begnügen uns damit, die vorbeiziehende Landschaft zu genießen. Es gibt nur ganz entfernt am Horizont noch höhere Berge und so begleitet ein grünes Band aus Fichten, Kiefern und einigen Laubbäume unsere Fahrt die Küste entlang… und natürlich immer mal wieder große Felsen.









Bald erreichen wir Mellanfjärden, ein ehemaliges kleines Fischerdorf, das heute wohl nur noch vom Tourismus lebt. Kein Wunder… es ist echt niedlich hier. Viele kleine rote Häuschen mit Bootsgaragen säumen das Ufer und wir finden einen Platz direkt vor einem kleinen Restaurant. Jedoch erst nach einer kurzen Schrecksekunde. Als wir eben unseren Haken in die Heckboje gepickt haben und ich mit den Vorleinen bereitstehe, an Land zu gehen, setzt die elektronische Motorsteuerung aus. Der Motor läuft, aber weder Vorwärts- noch Rückwärtsgang läßt sich einlegen. Und wir sind noch mindestens 2m vom Steg entfernt. Soweit kann ich nicht springen… und wir treiben langsam rückwärts und vom Steg weg. In D+DK gibt es ja meist dicke Poller oder Klampen am Steg, über die ich die Vorleine von Bord aus werfen könnte. Doch in SE+FI gibt es eben allermeistens Ringe, in die man die Leine einfädeln muß – oder per Karabiner einhaken… von Land aus. Glücklicherweise wollen grad einige Gäste ins Restaurant und nach einem kurzen Zuruf ist ein Mann so geschickt, die ihm von mir zugeworfenen Leine zu fangen und am besagten Ring am Steg einzuhaken. In der Zwischenzeit hat Kalli geistesgegenwärtig den Motor ausgeschaltet… und wieder eingeschaltet… und er läßt sich einkuppeln. Da sind wir aber schon gut am Steg fest und müssen nur noch die Entfernung regulieren. Tja, was war das denn nun? Solch einen Fehler hatten wir noch nie. Kalli stöbert in den Handbüchern und die sagen sehr hilfreich: Servicewerkstatt kontaktieren. Das hilft einem ja richtig weiter. Ist jetzt aber nicht zu ändern… also weiter beobachten.🤷♀️🤷♂️





Da es aus dem Restaurant sooo lecker riecht, reservieren wir gleich einen Platz für den Abend. Und da wir nun schon mal zu Fuß unterwegs sind, machen wir auch gleich eine kleine Runde durch den Ort. Irgendwie ist es ganz komisch: gleich aus dem ersten kleinen Geschäft – in das wir natürlich hineingehen, denn es gibt in den meisten Häfen keine solchen Geschäfte zum „einfach mal durchstöbern“ und da muss man (ich) die Gelegenheit ergreifen – höre ich gaanz leise meinen Namen rufen. Ein Pullover will unbedingt mit zu uns an Bord 😜. Welch ein Zufall, dass wir grade jetzt hier vorbeischauen und ihn retten… er darf natürlich mit! Und ein leckeres Eis darf es dann auch noch sein. Sogar Kalli, sonst nicht der Eis-Esser vor dem Herrn, kann nicht nein sagen🍦🍦. Die Sonne scheint, einige wenige Wolken sorgen immer mal für etwas Schatten, und wir genießen den Sommer.




Das Abendessen ist lecker, der Service allerdings deutlich ausbaufähig. Anschließend können wir noch die letzte Sonne im Cockpit genießen.
Am Mittwochmorgen (20.07.) starten wir früh, denn der Wind soll zulegen… und das leider aus der falschen Richtung. Bei schwachem Südwind motoren wir bis zu einer kleinen Ankerbucht und schnappen uns die dort ausliegende SXK-Boje. Der Wind nimmt, wie vorhergesagt, beständig zu und gegen den Wind, der wirklich direkt von vorne kommt, anzukreuzen macht nicht wirklich Sinn. Also lieber gemütlich an der Boje in Kuggören schwojen, lecker Kaffe (1x mit Eierlikör, 1x mit Whisky) trinken und die Sonne genießen. Zwischendurch haben wir an unserer Boje sogar etwas Schräglage, da es einige richtig kräftige Böen in die Bucht schaffen. Pilgrim zerrt ordentlich an der Boje… aber diese hält. Allerdings wurde es einem anderen Segler, der wohl ebenfalls die für ihn falsche Windrichtung abwettern wollte und neben uns ankerte, zu ungemütlich. Vielleicht hatte er auch Bedenken ob der Haltekraft seines Ankers. Kaum hat er wieder abgelegt, lassen die Böen nach und wir genießen entspannt den Nachmittag. Jetzt, bei wieder ruhigem Wind und Wasser, können wir unsere Boje auch genauer in Augenschein nehmen: die Bojenkette scheint nagelneu! Kein Bewuchs, der auf längeren Wasserkontakt schließen läßt. Sehr gut – dann steht einer ruhigen Nacht ja nichts mehr im Wege.





begrüßt uns eine Holzstatue



Außer, dass der Anker eines weiteren Seglers, der inzwischen in der Bucht eingetroffen ist, ganz offensichtlich nicht hält. Er treibt gaaanz langsam immer näher. Bald bemerkt er sein Pech und: Anker hoch, neuen (weniger tiefen) Platz suchen, Anker wieder runter, abwarten… hält! Am nächsten Morgen ist er noch am selben Platz. Die Wassertiefe ist beim ankern wichtig, da davon die verwendete Kettenlänge abhängt. Je tiefer das Wasser, desto länger natürlich die notwendige Kettenlänge. Und das heißt: nicht nur gerade runter muss die Kette reichen, sondern die Kettenlänge muß etwa 4-5 mal so lang sein, wie das Wasser tief. Und offensichtlich ist seine Ankerkette für den zuerst gewählten Platz deutlich zu kurz.



erst schwojen wir bei Südwind in die eine Richtung, und dann bei Nordwind in die andere Richtung –
die Boje liegt immer schön in der Mitte
Nach einer ruhigen Nacht, einem tollen Sonnenaufgang (Foto 04.10h) und etwas Frühnebel starten wir, nachdem sich der Nebel aufgelöst hat, gemütlich in Richtung Hudiksvall. Es ist Donnerstag, der 21.07. und leider kein Wind 🤷♀️🤷♂️. Die Wasseroberfläche ist wiedermal so glatt, dass wir jeden Augenblick einige Seehundköpfe daraus auftauchen sehen könnten. Aber keiner zeigt sich. Schade. Dann halt nicht.
In Hudiksvall machen wir – erstmal – im Stadthafen fest. Und: unsere Motorsteuerung muckt beim anlegen wieder. Ein Schiffsnachbar, der unsere Misere mitbekommen hat, gibt uns gleich Telefonnummern von verschiedenen Monteuren, doch keiner hat Zeit bzw. ist nicht in der Stadt. Dann muss morgen wohl Kalli mal ran an die Ursachenforschung. Doch trotz des netten Nachbarn hält uns hier am Steg nichts. Nicht nur, dass die Plätze eng, die Heckbojen wiedermal zu kurz, der Schwimmsteg oll, die Nachbarn zwar nett aber laut sind ist alles irgendwie doof und rödelig. Das muss nicht sein. Wir legen folglich wieder ab und fahren ein kleines Stück zurück an einen Steg vor einem kleinen Hotel mit Restaurant. Neuer Steg, lange Heckbojen, niemand weiter da, folglich viel Platz… und gleich noch das Abendessen gerettet. Und das alles für den gleichen Preis wie im Stadthafen.









unbedingt den Liegeplatz wechseln ist angesagt !!



Die Entscheidung, uns zu verlegen, war genau richtig. Nicht nur Essen, auch Service sind bestens, die Duschen edel und wir liegen – den Wind betreffend – genau in der Abdeckung des Restaurants und damit geschützt vor dem ungemütlich böigen Wind. Und auch weit weg vom Stadthafen, in dessen Nähe offensichtlich ein Musikfestival stattfindet… wummernde Musik schallt zu uns herüber. Wir wollen lieber nicht wissen, wie laut es direkt am Stadthafen ist🔊🎧🔊.Doppelt gute Entscheidung. Später am Abend kommt dann noch ein Segler – zu Fuß – vorbei, den wir vor einigen Tagen schon mal getroffen habe. Er überlegt, sich auch hierher zu verlegen. Allerdings mit einem kleinen Hintergedanken: sein Windmesser im Masttop ist defekt. Er hat sich Ersatz gekauft, muß jetzt aber hoch in den Mast, um ihn zu montieren. Und er ist alleine. Klar helfen wir gerne.

meinem Lieblingsmenschen gegenüber

Über Nacht jagen mehrere Gewitter über uns hinweg und bringen reichlich Regen. Und es kühlt sich kräftig ab, denn am Vortag hatten wir ca. 30° und es war – auch wegen des fehlenden Windes – reichlich drückend und nicht soo angenehm. Natürlich kein Vergleich mit den 35-40°, die z.Zt. in Deutschland herrschen. Was sind wir froh, dass wir hier auf dem Wasser sein können.
Am nächsten Morgen – der Regen macht Pause – verlegt Ulli sein Schiff direkt vor unseres und wir kurbeln ihn im Mast hoch. Auf halber Strecke wird natürlich noch der Tarif verhandelt…😜 Er hat doppelt Glück: erstens sind wir gnädig und lassen ihn auch ohne Gegenleistung wieder runter, und zweitens läßt sich das Ersatzteil gut montieren und zeigt ihm nun wieder korrekten Wind an.




Kalli telefoniert derweil mit verschiedenen Motorspezialisten und bekommt Hinweise zu dem elektronischen Bauteil. Vielleicht müsste ein Sensor neu kalibriert werden… vielleicht auch einfach die Kabel einmal ab und wieder dran… vielleicht… vielleicht… aber einen fachlich versierten Monteur vor Ort, der das dann auch einfach mal machen könnte, finden wir nicht. Dann probieren wir halt am Nachmittag mal selbst etwas rum. Doch vorher schnappen wir uns die Fahrräder – die stellt uns netterweise das Hotel zur Verfügung – und radeln etwas durch die Stadt. Leider setzt bald ein stetiger Dauerregen ein und wir sehen zu, dass wir schnell wieder nach Hause kommen. Fotos daher ziemlich Fehlanzeige. Sightseeing bei Dauerregen ist nicht so unseres. Immerhin hat der Wetterbericht gestimmt.


in der Fußgängerzone

genauso pudelnass wie wir
Stay tuned and keep watching