Entlang der Ostküste gen Süden

Etappen Nynäshamn – Norrhamn/Öja – Mjölholmen – Oxelösund – Arkösund

13. – 19. August 2022

Der Wettergott verwöhnt uns am Samstag (13.08.) wieder mit einem wunderschönen Sonnen-Sommertag. Den Wind hat er dabei zwar vergessen, aber egal… wir wollen heute nicht weit.

Unser Ziel ist Öja, eine schmale (250-600m breite) und lange (4,2km) Insel, die sich in Nord-Süd-Richtung erstreckt und einen kleinen Hafen an der Nordspitze bietet. Doch bekannt ist die Insel eher unter dem Namen Landsort, der Hauptsiedlung am südlichen Zipfel der Insel. Dort im Süden gibt es auch zwei weitere sehr kleine Häfen, die allerdings als Lotsenstation bzw. Hafen der Einheimischen genutzt wird und für Freizeitboote nicht geeignet bzw. gesperrt ist. Auf der Insel leben ganzjährig nur 25 Menschen. Öja ist der südlichste Außenposten der Stockholmer Schären und die  Sehenswürdigkeit ist der Leuchtturm, der zufälligerweise auch der älteste und immer noch genutzte Schwedens ist. Landsort Fyr wurde 1658 gebaut und ist sogar Namensgeber für eine Schiffsklasse der schwedischen Marine.

Die Landsort-Klasse ist eine Serie von insgesamt sieben Fahrzeugen, die in den Jahren 1983–1992 im Auftrag der schwedischen Marine gebaut wurden. Benannt sind sie nach bekannten schwedischen Leuchtfeuern und sind ausgelegt für die U-Boot-Jagd, Minensuchen und Minenräumen. Es gibt die Schiffe: Landsort, Arholma, Koster, Kullen, Vinga, Ven und Ulvön.

Die Insel hat eine wichtige Rolle in der Geschichte der Lotsenschiffe gespielt und bedient von der heutigen Lotsenstation aus die mit 11-12 Stunden Fahrtdauer längste Pilotenroute Schwedens. Die meisten Inselbewohner sind als Lotsen für die Handelsschifffahrt in den Gewässern vor Nynäshamn und Stockholm tätig. Viele Wracks vor der Insel zeugen davon, wie gefährlich die umliegenden Gewässer sind. Aber nicht nur tückische Untiefen, sondern auch die mit 459m tiefste Stelle der Ostsee befindet sich 14sm südöstlich von Landsort.

Die Insel ist seit 1985 Naturschutzgebiet und mehr als zwei Personen auf einer Klippe gelten hier als Menschenauflauf. In den Klippen Öjas versteckt liegt auch „die Quelle der Hölle“, ein in der Eiszeit durch Erosion entstandener Riesenkessel, der mit zwei Metern Durchmesser und fünf Metern Tiefe zu den größten des Nordens gehört. Der Sage nach wohnt der Teufel in diesem Felsloch. Erst 1908 trauten sich Archäologen in die Tiefe und fanden dort Münzen aus dem 15. Jahrhundert.

Wir tuckern also nach Norrhamn, dem kleinen Hafen im Norden und können an einer Doppelboje festmachen. Wieso diese zwei Bojen allerdings zusammengebunden sind, erschließt sich uns nicht – vielleicht ist eine von beiden nicht mehr richtig fest? Wir nehmen das mal so hin… über Nacht soll es nur wenig Wind geben, da wird die eine oder andere Boje – oder eben beide – schon halten. Tagsüber haben wir weiterhin kaum Wind, trotzdem laufen ab und an sanfte Wogen in den Hafen, die uns kurzzeitig heftig hin und her schaukeln lassen. Dabei fahren die großen Schiffe recht weit entfernt vom Hafen vorbei… erstaunlich, dass die erzeugten Wellen so weit spürbar sind.

Auf einen Gang in den Ort müssen wir leider aus Knie-technischen Gründen verzichten. 3km hin und zurück ist zwar nicht weit, aber doch zu weit. Später am Nachmittag kommt ein uns schon bekannter Segler in den Hafen. Er hat Glück: kurz vor seinem Einlaufen macht ein Motorboot los und er kann den Platz übernehmen. Sonst ist nämlich auch nichts mehr frei. Er hätte sich natürlich irgendwo dazwischen quetschen können, wie das der gemeine Schwede – wobei das natürlich nicht wörtlich zu nehmen ist – dann einfach machen würde. Aber uns gefällt diese Quetscherei mit anschließender Fenderquietscherei überhaupt nicht. Glück muss man halt haben. Hat er heute… ist immerhin sein Geburtstag, den wir anschließend bei ihm an Bord gebührend feiern. Wir bringen – als ordentlicher Gast – ein kleines Geschenk mit und er lädt uns zum Essen ein – das hatte er aber schon, bevor er wusste, dass wir uns an sein Geburtsdatum erinnern. Er muss dann allerdings in Ermangelung eines Restaurants – das örtliche ist wegen einer Hochzeitsfeier ausgebucht – leider selber kochen. Tut er… und sehr lecker 🍽🍝🍷 Lieben Dank für den schönen Abend!

Nach einer ruhigen Nacht machen wir uns am Sonntag mal wieder auf die Suche nach einer blauen Boje in einer schönen Ankerbucht. Nach dem Ablegen fühlen wir uns wie in der Augsburger Puppenkiste: das Wasser bewegt sich so zäh wie die Plastikfolie im Puppentheater. Der Jockel bring uns aber voran. Bei später leichtem raumem Wind – und mit Vorsegel – gleiten wir gemächlich zwischen den vielen Inselchen hindurch. An vielen Stellen sehen wir Schiffe am Felsen festgemacht und deren Besatzungen badend im Wasser. Und Sonnenanbeter auf den glatten Felsen. Wir steuern die eine oder andere Bucht mit blauen Ankerbojen an, doch es ist garnicht so einfach, eine freie zu finden… ist halt Sonntag… ist halt Sommer (ca. 29°C) und ist halt das letzte Ferienwochenende in Schweden. 

Nach zwei vergeblichen Anläufen finden wir aber das Objekt der Begierde… in einer schmalen Durchfahrt zwischen zwei kleinen Inseln schwimmt eine einsame blaue Ankerboje. Und warum ist nun diese Boje noch frei? Wo ist der Haken? Mal davon abgesehen, dass der leichte Wind genau auf der Durchfahrt steht – also eigentlich nicht so ideal – bietet sich dieser Platz nicht als Badestelle an. Wir vermuten, dass das der Abwählgrund für Sonnenanbeter und Badefreunde ist, die lieber solche Bojen besetzen, die dicht an glatten Sonnenfelsen liegen. Unsere Inseln sind bewaldet und die wenigen kahlen, zum Sonnenbaden einladenden Felsen liegen im Schatten. Für uns aber egal bzw. genau richtig. Wind soll moderat bleiben und so wird uns auch die Boje, die offensichtlich mit einer neuen Seilverankerung ausgestattet ist, wohl halten.

Wir beobachten erst ein wenig, wie sich das Schiff bewegt und entscheiden dann, zu bleiben. Nach dem obligatorischen Einlaufdrink wird der mobile Haarschneide-Service engagiert… schnell den Sitzplatz am Heck des Schiffes als Frisörsitz umgenutzt und ab mit Kallis Matte. Unser Langhaarschneider kann stufenlos 0-15mm und Kalli entscheidet sich für 12mm. Fix sind die Haare eingekürzt. Und dann wird endlich die Bojen-Flagge SICHTBAR angebunden. Nicht, dass sich wieder jemand beschwert 😫😤😠.

Neu gestylt und voll motiviert macht sich Kalli dann an die Kontrolle der achterlichen Toilettendichtung… wie alle Jahre wieder. Es ist zwar nichts dramatisches, aber im Laufe des Tages füllt sich die WC-Schüssel gaaanz langsam von alleine mit etwas Wasser. Das soll so nicht sein, also Ventil ausgebaut und als Übeltäter identifiziert. Durch die aktuelle Dauerbelastung – sonst 6-8 Wochen im Jahr, jetzt schon mehr als doppelt so lange – schließt es nicht mehr korrekt und wird ersetzt. Solche profanen Ersatzteile sind natürlich an Bord 💪und der Ersatzteil-Fundus kann später wieder aufgefüllt werden. Reparatur geglückt und Kalli glücklich 😄🍺Ich stehe dabei eh nur im Weg, setzte mich gemütlich in die Sonne und passe derweil auf unser Schiff auf… nicht, dass es womöglich doch noch vertreibt…🤪

Anschließend geht es zur Abkühlung ins Wasser. Die aktuelle Wassertemperatur: 21°C… warm genug für einige Schwimmzüge. Danach genießen wir den leichten Wind, Sonne und bestes Sommerwetter. So ist es gut auszuhalten. Einige Segler kommen noch in etwas Abstand an uns vorbei… aber unsere Boje kriegen sie nicht. 

Vollmond war zwar schon vorgestern, aber heute leuchtet uns der Mond richtig klar entgegen… strahlend  begleitet vom Abendstern, der Venus. Sie gilt als das hellste Gestirn am nächtlichen Himmel. Die Venus ist, von innen (der Sonne) gezählt, der zweite Planet unseres Sonnensystems. Sie kreist also innerhalb der Erdbahn um die Sonne. Da sich die Venus auf ihrer Bahn schneller bewegt als die Erde, überholt sie unseren Planeten. Bei der Annäherung an die Erde steht sie östlich der Sonne und erscheint als Abendstern am Himmel. Hat sie die Erde überholt und entfernt sich wieder von ihr, steht sie westlich der Sonne und erscheint als Morgenstern am Himmel. Da mittlerweile viele Zwergplaneten entdeckt wurden, die dem Pluto ähneln, wurde dieser aus der Liste entfernt und der Merkspruch angepaßt: 

Mein Vater Erklärt Mir Jeden Samstag Unseren Nachthimmel.

Am nächsten Morgen (15.08.) ist leider erstmal alles grau in grau. Die Wetterverschlechterung hatte sich schon durch das langsame Fallen des Luftdrucks angekündigt, doch wir hatten gehofft, noch vor dem Regen unseren nächsten Stopp, wieder einen richtigen Hafen, zu erreichen. Nach dem Ablegen tauchen hinter unserer kleinen Insel allerdings schon heftig dunkle Gewitterwolken auf. Die sahen auf dem Wetterradar noch deutlich entfernter aus. Also kehrt zurück und schnell wieder an der Boje festgemacht. Genau zum richtigen Zeitpunkt, denn kaum sind wir fest und alle Geräte ausgeschaltet, ist das Gewitter mit Regen und Hagel auch schon da. Und was für ein Regen…

Wir üben uns erstmal in Geduld. So ein Gewitter zieht ja meist schnell vorbei und den Regen warten wir halt ab. Wir sind ja nicht in Eile. Nach einem zweiten Kaffee und dem Frühstücksmüsli – hätte ich sonst unterwegs gegessen – hört der Regen auf und wir machen uns langsam zur Abreise parat. Eben noch schnell mit (inzwischen) befreundeten In-der-Nähe-Seglern die nächsten Ziele besprochen und dann los. 

Und jetzt etwas aus der Rubrik: das braucht man auf einem Schiff garnicht. Denn es folgt die Episode: der nasse Schreck in der Vormittagsstunde. Die achterliche Matratze ist zum Wasserbett mutiert… es tropft heftig, man kann eher sagen, Wasser fließt heftig aus der Deckenverkleidung🤬😡☔️

Sofort nehmen wir das achterliche Schiff auseinander und lokalisieren den Übeltäter: ganz offensichtlich kommt das Wasser aus dem Kompass auf der Steuersäule, die ja direkt über der achterlichen Kabine steht. Ist er ggf. nicht ordnungsgemäß abgedichtet? Jedenfalls läßt er Wasser durch. Und bei dem sintflutartigen Regen lässt er viel Wasser durch. Er wurde im Winterlager ausgewechselt, da der alte Kompass defekt war. Normalerweise haben wir, wenn wir nicht unterwegs sind, eine Schutzhülle über der gesamten Steuersäule. Und bisher hatten wir Regen immer nur im Hafen – also mit Schutzhülle. Doch heute – ablegen, schnell kehrt und zurück und vor dem Regen wieder festgemacht – waren wir froh, trocken unter Deck zu kommen. Also keine Hülle über der Steuersäule. Außerdem muss sie unterwegs bei Regen ja auch dicht sein. Ganz schöner Mist. Wir haben eine ganze Weile zu tun, bis alles leidlich trockengelegt ist. In der Zwischenzeit trocknet auch das Deck ab und wir können die nassen Sachen – Matratze, Deckenverkleidung, Bettwäsche – raus in die Sonne bringen. Unser Schiff sieht aus wie ein Lumpensammler. Und da kommt jetzt Ulli ins Spiel, der nur einige Seemeilen von uns entfernt ankert und ebenfalls den Regen durchziehen läßt. Wir haben ja schon viel Bastelmaterial an Bord, aber er ist Bastelprofi. Und als er von unserem Pech hört, sagt er sofort: „ich komme vorbei. Das kriegen wir dicht!“. Wir schicken ihm unsere genaue Position – hat er allerdings über MarineTraffic schon gesehen – und 1,5 Stunden später ist er da und legt sich direkt neben uns. Jetzt muss unsere Boje halt doppelt arbeiten!!

Und nun wird erstmal gebastelt. Eine fehlerhafte Einbaudichtung als Ursache für den Wassereinbruch scheint nach einigen Wasserspielen zumindest nicht der einzige Grund für die Leckage zu sein. Beim Ausbau des Kompass zeigt sich, dass das Kabel für die Kompassbeleuchtung nicht korrekt liegt, zwischen Steuersäule und Kompassgehäuse gequetscht ist und daher auch an zwei Stellen blank gescheuert ist und die Dichtung darüber nicht ideal liegt… aber kann das alles sein? Mehrere Wasserspiele und 2 Stunden später ein weiteres Ergebnis… das Wasser läuft über die Glaskuppel des Kompass ins Gehäuse! Immer schön am Kabel der Beleuchtung entlang, dessen Einführung in das Gehäuse, unter dem Klappdeckel des Kompass, auch nicht richtig abgedichtet ist. Vielleicht ein Produktfehler? Kann eigentlich bei der Anzahl verkaufter Kompanten nicht sein. Oder bei der Montage die Dichtung rausgefallen? 

Inzwischen scheint wenigstens die Sonne, ein leichter, manchmal zwar etwas böiger, aber angenehmer Wind streicht über das Schiff und alle an die Luft verbrachten Sachen trocknen so langsam vor sich hin. Ohne Wind wäre es bei den aktuellen Temperaturen (ca. 30°C) kaum auszuhalten. Die beiden Jungs basteln so vor sich hin. Ulli hat seinen Werkzeug- und Reparaturfundus parat gelegt und tüftelt in einer Seelenruhe am besten Ergebnis (Wissenschaftler halt). Kalli alleine hätte diese Ruhe garnicht gehabt. Weitere 2 Stunden später scheint die Undichtigkeit behoben, auf weitere Wasserspiele verzichten wir aber vorerst. Die neue Dichtmasse soll erstmal austrocknen.

Nach einer weiteren Stunde aufräumen, Werkzeug verstauen, putzen und Betten machen reicht es uns: bei einer zünftigen Brotzeit inklusive heißer Suppe beschließen wir gemeinsam den arbeitsreichen Bastel-Tag bei uns an Bord. Bei allem Pech hatten wir auch viel Glück: rechtzeitig die Abfahrt abgebrochen und umgekehrt, ein Segelfreund, der schnell und gerne hilft und nach dem Gewitter bestes Trocken-Wetter. Ullis Hilfe können wir garnicht wieder gutmachen!!!

Dann verlegt er sich noch fix und ankert hinter uns, denn in der Nacht soll eine Starkwindfront durchziehen. Damit wäre die Ankerboje, für die der SXK nur bis 8 Tonnen Verantwortung übernimmt, mit zwei Schiffen wirklich überbelastet. Heute tagsüber hat sie prima unsere gemeinsamen 18 Tonnen gehalten – war ja auch nur wenig Wind. Doch bei Starkwind sieht das anders aus… da zerrt der Wind dann heftig am Schiff, das hatten wir ja nun schon mehrfach. Ich hülle die Steuersäule noch schnell in ihren regendichten Überzug  – man weiß ja nie – und dann gute Nacht!

Nach einer ruhigen Nacht – ohne den angesagten Regen und ohne den angesagten Starkwind🤷‍♀️🤷‍♂️ – begrüßen uns Sonne und Fischreiher am Ufer. Und, man glaubt es kaum, ein echter lebendiger Elch! Wir sind begeistert, allerdings ist das Foto eher ein Suchbild geworden. Kalli hat ihn aber auch gesehen, nicht dass jemand denkt, es ist Wunschdenken und ich phantasiere. Elche sind gute Schwimmer und wechseln gerne den Standort. Daher gibt es auch auf kleinen Inselchen diese scheuen Tiere. Wir sind begeistert. Bei Spaziergängen über andere Inseln hatten wir ja schon das eine oder andere Mal ihre Losung gefunden, waren uns aber – da ja keine Fachleute – nicht sicher, ob sie wirklich vom Elch stammt. Jetzt sind wir uns sicher! Auch z.B. auf Storjungfrun gibt es Elche!

Nach dem unverhofften Elcherlebnis legen wir ab (Dienstag, 16.08.), obwohl es sich langsam schon wieder zuzieht. Aber es bleibt trocken und der erste Kompasstest muss warten. Aber Ulli war ja ganz zuversichtlich, dass seine Reparatur erfolgreich war… und wir natürlich auch. Wir schlängeln uns wieder durch diese tolle Inselwelt, mal mit Jockel, mal mit Vorsegel. Auch bei etwas bedecktem Himmel hat es seinen Reiz. Kaum haben wir in Oxelösund festgemacht – kein schöner Hafen, aber eben auf dem Weg ein guter Zwischenstopp – droht schon wieder Regen. Allerdings lassen die Wolken dann doch nur wenige Tropfen auf uns herunter – zu wenig für einen richtigen Kompass-Dichtigkeitstest. Aber auf einfach mal nen Eimer Wasser über den Kompass schütten haben wir noch keinen Nerv. 

In Oxlösund ist die Saison schon beendet, was uns die Hafengebühr erspart. Wir gehen nur kurz einkaufen und kümmern uns anschließend um die weitere Törnplanung.

Kein Hauch bewegt die stehende Luft. Um 8 h morgens (Mittwoch, 17.08.) ist es schon drückend schwül. Bloss schnell den Langarmpulli gegen ein T-Shirt tauschen – eine kurze Hose ist eh morgens die erste Wahl. Noch Hochsommer in Schweden. Und dann ablegen, damit wenigstens der Fahrtwind ein bisschen Kühlung bringt. Segeln iss natürlich nich… aber der Jockel folgt brav meiner vorgegebenen Kurslinie zwischen den Inselchen und Felsen hindurch und bringt uns über das spiegelglatte Wasser bis nach Arkösund. Unterwegs, da ja „Ententeich“, sehen wir wiedermal einige Seehundköpfe, die uns neugierig hinterher gucken. 

Bei unserer Ankunft in Arkösund sind wir erstaunt, dass der Hafen – wie Mitte Mai – fast leer ist. Schön für uns… so gefällt uns das und wir legen uns wiedermal längsseits an den Schwimmponton. Übrigens waren wir auf den Tag genau vor 3 Monaten, am 17.05.,  mit Kurs Nord hier. Langsam kommt ein leichter Windhauch über das Wasser… so können wir unseren Einlaufdrink bei angenehmen Temperaturen genießen. Das Hafenbüro ist schon bis zur nächsten Saison geschlossen. Die offizielle Saison ging bis zum 14.08… ganz schön kurz.

Bei strahlender Sonne und inzwischen bestem Segelwind starten wir die Kompass-Dichtigkeits-Versuchsreihe und damit den Bastel-Workshop Teil Zwei. Erstmal ganz vorsichtig… doch leider tropft  immer noch ein ganz wenig Wasser unten aus der Steuersäule. So ein Mist. Wie sagen wir das Ulli? Immerhin ist es signifikant weniger, als zuerst. Nach nur wenigen Versuchen erkennen wir einen weiteren Übeltäter: die seitlichen Verschraubungen des Klappdeckels lassen auch Wasser durch. Fehlt auch hier eine Dichtung oder ist doch noch was mit der Hauptdichtung, mit der der Kompass auf der Steuersäule aufgesetzt ist? Wir kriegen die Leckage noch einwenig kleiner, aber da muss im Winterlager wohl mal ein Profi dran. Ist schon seltsam… dieser Kompass wird seit ewigen Jahren produziert. Wieso ist er undicht? Jetzt behelfen wir uns eben, wenn es denn unterwegs regnen sollte, mit meiner wasserdichten Neoprenmütze. Für mich finde ich im Schrank bestimmt noch eine andere Kopfbedeckung. Und dem Kompass steht die Mütze… sieht eigentlich ganz hübsch aus und hat auch nicht jeder!

jetzt der Kompass mal mit Notfall-Mütze

Der nächste Morgen (Donnerstag, 18.08.) begrüßt uns sonnig. Übrigens ist „Tender to Pilgrim“ oder auch mobiler Reparaturservice  (O-Ton Ulli) gestern abend noch eingelaufen. Wir können wohl beide nicht ohne einander. Nach dem morgendlichen “Schiff klarieren” zieht allerdings langsam Seenebel auf, was eigentlich kein Wunder ist nach dem gestrigen schwülen Wetter. Die Folge: wir brechen schon in der Startphase unser Ablegemanöver ab. Gut hat’s, wer jetzt im Hafen liegt… und da auch besser bleibt, bis sich der Nebel wieder verzogen hat. Das passiert aber erst, wenn keine feucht-warme Luft mehr über das kühlere Wasser zugeführt wird bzw. durch kühlere, trockene Luft ausgetauscht wird. Aktuell streicht ein leichter, eigentlich schöner Segel-Wind über Land und beschert uns, mit feucht-warmer (und wasser-gesättigter) Luft, ziemlich schlechte Sicht. Nebel entsteht, wenn sich warme, mit Feuchtigkeit gesättigte Luft über einer kalten Fläche (dem Wasser) abkühlt. Die Luft kann dann weniger Wasserdampf speichern, kondensiert und bildet feinste Wassertröpfchen in der Luft = und schwups gibt es Nebel.

Wir nutzen die Zeit gemeinsam mit Ulli – ihm läßt es nämlich auch keine Ruhe, dass dieser blöde Kompass immer noch nicht ganz dicht ist – weiter nach der Ursache der noch wenigen Wassertropfen zu suchen. Also wird alles nochmal auseinander genommen… es gibt ja sonst nichts Wichtiges zu tun. Zwischenzeitlich wird der Nebel etwas lichter. Doch kaum, dass wir denken, es könnte gleich losgehen, ist die dicke Suppe wieder da. Ein Gutes hat die Zwangspause: es wird mit allen Mitteln – und Dichtmitteln – gearbeitet. Jetzt ist der Kompass dicht! Dank Ullis Hartnäckigkeit hat er – der Kompass – aufgegeben. Auch nach einigen Wasserspielen verirrt sich kein Tropfen mehr in die Achterkoje. So kann Kalli anschließend auch die inzwischen getrocknete, allerdings doch etwas verzogene, Deckenverkleidung wieder anschrauben. Nun sieht es achtern wenigstens nicht mehr so nach Baustelle aus. Zur Belohnung kommt abends mal wieder unser Optigrill zum Einsatz und zaubert für uns alle leckere Lasagne. Ist auch mit schwedischem Mett wirklich gut gelungen.

Am nächste Tag (Freitag, 19.08.) zeigt uns ein morgendlicher kurzer Blick nach draußen: umdrehen und weiter schlafen. Der Nebel ist immer noch da, und das sogar noch dichter als gestern. Aber wir können die Sonne ahnen. Die Nebelschicht scheint also nicht so super hoch zu sein, sodass wir auf die auflösende Kraft der Sonne hoffen können. Um 12 Uhr ist es dann soweit: wir legen ab, denn die nahe Umgebung präsentiert sich schon wieder ganz ansehnlich. Doch kaum sind wir aus dem Sund zwischen den Inseln raus, stecken wir im Nebel. Das kann doch wohl nicht wahr sein. Also wieder Kurswechsel um 180°… wir werden noch zu Umkehr-Künstlern. 

Wir machen wieder an „unserem“ Platz fest, Ulli macht den Leinenservice und gemeinsam genießen wir den Einlaufdrink. Die Länge der zurückgelegten Tages-Strecke spielt dafür ja schließlich keine Rolle🍻. Kurz nach uns laufen auch zwei andere Schiffe, die kurz vor uns mit Nordkurs abgelegt haben, wieder in den Hafen ein. Auch in der anderen Richtung war offensichtlich noch dicke Suppe. Man könnte sagen: wir haben jetzt die absolute Entschleunigung erreicht!

Anschließend – man muss sich ja beschäftigen – geht Kalli einkaufen und Ulli, in Ermangelung eines weiteren Bastelauftrages, putzt an seinem Schiff so um sich rum. Einige wenige Schiff laufen den Hafen zwar noch an, berichten aber alle von reichlich Nebel unterwegs.

Am Nachmittag streicht dann ein sehr angenehmer Wind über das Wasser. Ulli wird unruhig und legt noch ab. Wir finden es schon zu spät und hoffen, dass der Wind, mit Sonnenunterstützung, den Nebel langfristig vertreibt, denn irgendwann soll es dann doch auch für uns mal wieder weiter gehen – Entschleunigung hin oder her.

Stay tuned and keep watching

Kommentare:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert