Etappen Drejø – Søby – Kappeln – Schleswig
19. – 25. September 2022
Am Montag (19.09.) ist die Sonne zurück und der gestern wegen Regen ausgefallene Spaziergang über die Insel Drejø wird nachgeholt. Wobei ich lieber das rostige Hafenfahrrad nehme… fährt gut, auch wenn es nicht so aussieht. Drejø liegt mitten im südfünischen Inselmeer. Das 70-Einwohner-Dorf mit schönen Fachwerkhäusern und mehreren Bauernhöfen ist etwas für Naturliebhaber. Es soll sogar weiße Damhirsche geben. Bis ins 16. Jahrhundert mussten die Bewohner Drejøs nach Ærøskøbing segeln, um in die Kirche zu gehen. Erst nach einigen tragischen Schiffsunglücken erteile König Christian III. die Erlaubnis, auf der Insel eine eigene Kirche zu bauen.
Ich begnüge mich mit dem Besuch des alten Hafens, der wirklich niedlich ist, allerdings nur von ganz kleinen Booten angelaufen werden kann. Als die Fähren größer wurden, mußte auch ein größerer Hafen her… günstiger gelegen zu Ærøskøbing und auch für größere Freizeitboote geeignet. Gut für uns.



war mir aber heute zu weit




Gegen Mittag legen wir ab für einen kurzen Rutsch rüber nach Søby an der Nordspitze Ærøs. Der Wind passt einigermaßen und so haben wir eine zwar kurze, aber schöne Segeletappe bis vor die Hafeneinfahrt. Dort sind wir erstaunt, wie gut die örtliche Werft offensichtlich im Geschäft ist: so große Frachtschiffe haben wir hier noch nie liegen sehen. Doch der neben dem Werftbecken liegende Yachthafen ist groß und hat noch ein Plätzchen (auch mehrere) für uns frei.





Der Spaziergang fällt etwas kurz aus, da wir den Ort schon aus vorherigen Besuchen kennen. Es gibt auf den ersten Blick nicht viel Neues zu berichten, außer, dass der Weg zum einkaufen jetzt deutlich kürzer geworden ist: der kleine Supermarkt mitten im Ort steht leer… am Hafen wurde ein großer „Dagli Brugsen“ gebaut – sehr gut sortiert. Aber den tollen Bäcker im Ort gibt es glücklicherweise noch… allerdings Montags „lucket“. Am Abend beschließen wir unsere Dänemark-Zeit mit zünftigen HotDogs und Burgern im Cafe Arthur direkt am Hafen. Und der Burger schafft es auf die TOP 3-Liste dieser Reise. Sehr lecker!




(außer Montags)



Das abendliche Gewitter mit Regen – war garnicht so angesagt – ist vermutlich der Grund, warum der sehr beliebte und als Unikum bekannte örtliche Hafenmeister nicht abends, sondern erst morgens um 08 Uhr ans Schiff klopft, um die Hafengebühr zu kassieren. Er hat wieder launige kleine Geschichten und die aktuelle Windvorhersage im Gepäck und schlufft gemütlich über die Stege. Ein echter lebender Hafenmeister… wir mögen das sehr. Wobei es mit den Bezahlautomaten schon sehr komfortabel ist. Gibt es hier aber nicht… und lebendig ist auch viel netter!

Während wir unser Frühstück genießen pendelt sich der Wind auf eine ideale Windstärke und -richtung ein und so legen wir dann auch baldigst ab. Die Sonne ist sowieso schon strahlend am Himmel und beschert uns einen richtig tollen Tag. Wenn man von den inzwischen etwas frischeren Temperaturen absieht, können wir von einem sommerlichen Tag sprechen. Wir haben ab der Nordspitze Ærøs einen Anlieger bis vor die Mündung der Schlei in die Ostsee und genießen den für diese Saison letzten Tag unter Segeln. Unterwegs, an der Grenze zu Deutschland, wird die Gastlandflagge Dänemarks durch drei weitere Gastlandflaggen ergänzt: Åland, Finnland und Schweden dürfen mit unter die Steuerbordsaling. Es ist nämlich üblich, das von einer Auslandsfahrt heimkehrende Yachten die Flaggen aller besuchten Länder – in der Reihenfolge des deutschen Alphabets – am Tag der Heimkehr zeigen. Also nichts wie hoch damit! Und nur zur Erinnerung: Die Ålandinseln – finnisch: Ahvenanmaan maakunta – gehören zwar zu Finnland, sind aber weitestgehend autonom… und haben eine eigene Flagge!





Vor der Einfahrt in die Schlei bergen wir die Segel und motoren gemütlich den Meeresarm der Ostsee hinauf. Unser Weg führt vorbei an dem fast verwaisten kleinen Hafen der Lotseninsel, direkt hinter dem Leuchtturm Schleimünde gelegen und vorbei an Maasholm, wo wir in den letzten Jahren immer festgemacht und schon die Segel fürs einwintern abgeschlagen haben. Da wir aber noch eine gute Woche in Schleswig sein werden, haben wir dort Zeit genug, ein passendes Wetterfenster abzuwarten, um die Segel bei wenig Wind einzupacken. Wir fahren heute also weiter bis nach Kappeln – unbedingt bis hinter die Brücke! Man weiß ja nie. Klappt sie oder klappt sie nicht. Mit ungewohnt wenig Gegenverkehr kommen wir mit nur drei weiteren Schiffen an die Kappelner Brücke… pünktlich zur Öffnung! Yep, die erste „Frühjahrs-Trauma-Brücke“ ist geschafft!
Im Vereinshafen des ASC, gleich südlich der Brücke, steuern wie zielstrebig einen freien Liegeplatz an, den uns der nette Hafenmeister vorab telefonisch genannt hat.



wir mögen‘s überhaupt nicht






mit (Rück-)Blick auf die Brücke


Kaum haben wir festgemacht, erfolgt mein übliches Fotoshooting: Pilgrim am Liegeplatz ablichten. Das hat sich bewährt, denn ich habe schon so manches mal auf alten Fotos nachgeschaut, wie in einem Hafen die Klampen am Steg aussehen, oder ob es Bügelhaken zum festmachen gibt, ob die Dalbenplätze lang genug sind oder wir hinten aus der Box rausgucken… Ich bin mit meinem Leinenmanagement halt gerne gut vorbereitet.
Jedenfalls knipse ich grad so meine Fotos, da glaube ich meinen Augen nicht: es spaziert jemand am Hafen entlang, der genau wie ein Kollege von mir aussieht. Aber nach einem halben Jahr kann man sich auch täuschen. Doch ich schaue nochmal, er guckt… seine Frau guckt… winken… hallo… große Freude!
Wir laden die Beiden gleich zu uns an Bord ein und nehmen gemeinsam den obligatorischen Einlaufdrink. Was für ein netter Zufall! Elvira und Waleri sind seit zwei Tagen auf Urlaub an der Schlei. Und so werden wir – quasi wieder zu hause angekommen – von bekannten Gesichtern begrüßt. Wir erzählen eine Weile so vor uns hin und da das Wetter für morgen auch sonnig vorhergesagt ist, laden wir die Beiden ein, uns auf der Fahrt die Schlei hinauf bis nach Schleswig zu begleiten. Sie googeln gleich, wie die Busse von Schleswig zurück nach Kappeln fahren… noch etwas überlegt (wird man da vielleicht seekrank?)… ja gerne! Wir freuen uns über die morgige Begleitung und hoffen, dass es den beiden Landratten auch gefällt.

Der Mittwoch (21.09.) begrüßt uns nach einer herbstlich kalten Nacht – nur 6°C – mit strahlender Sonne und wabernden Nebelschwaden über der Schlei. Doch schon nach kurzer Zeit sind diese verschwunden und es kündigt sich ein schöner Tag an. Pünktlich zur verabredeten Zeit erscheinen unsere Gäste am Schiff 🫡 – mit leckeren Brötchen für unterwegs – und nach einer kurzen Einweisung legen wir ab. Die Schlei präsentiert sich heute als ideales Gewässer für Boots-Neulinge und attraktives Fotomotiv. Und auch die Brücke bei Lindaunis, die zweite unserer „Frühjahrs-Trauma-Brücken“, öffnet pünktlich. Da fällt uns schon ein Stein vom Herzen, denn die offizielle Öffnungszeit hat uns die Bahn (als Eigentümer der Brücke) mit 11.30h mitgeteilt, an der Brücke gibt es allerdings eine Infotafel, die 11.45h als nächste Öffnungszeit anzeigt??? Das zum Thema Verlässlichkeit und Kundeninformation der Bahn. Die Brücke öffnet dann um 11.30h. Da soll einer schlau draus werden. Wer sich also an der Infotafel orientiert, hat Pech, denn die Brücke bleibt nur max. 15min. geöffnet bzw. auch kürzer, wenn keine Schiffe mehr davor warten.











Unsere beiden Gäste fühlen sich offensichtlich an Bord recht wohl, jedenfalls trauen sie sich auch mal hinters Ruder. Sehr praktisch, da brauchen wir nicht steuern 😜… nur aus der Ferne etwas mit aufpassen🧐. Nach gemütlichen und unterhaltsamen 4,5 Stunden erreichen wir Schleswig und finden einen passenden Liegeplatz im Stadthafen. Die Gastcrew hilft sogar perfekt beim anlegen – den achterlichen Dalben fangen und Fender raus etc. – und hat sich den Einlaufdrink redlich verdient. Schön war’s!





im Hintergrund der Dom






Nachdem die Beiden sich nach kurzem Stadtspaziergang per Bus wieder auf den Weg gen Kappeln zu ihrem Auto machen, beginnen wir gaaaanz langsam mit etwas aufräumen. Aber erstmal nur das übliche… die letzten Logbuchnotizen machen, Seekarte und Hafenhandbuch wegpacken, Fernglas verstauen, Hülle über die Steuersäule ziehen (obwohl wir uns jetzt ziemlich sicher sind, den Kompass gut abgedichtet zu haben – dank Ulli), Leinen ordentlich aufschießen, Landstromkabel legen… was man halt so nach dem anlegen zu erledigen hat. Und mehr passiert dann auch nicht mehr. Die große Pack-, Putz- und Räumaktion beginnt frühestens am Samstag. Nur nichts überstürzen.


bezahlte Hafengebühr… sogar noch aus April und Mai !!
Am Donnerstag (22.09.) wird dann wieder früh aufgestanden, dann ablegen um 08 Uhr… nee, Quatsch. Heute mal Zug fahren um 09 Uhr. Kalli fährt heim und holt unser Auto. Das braucht’s schon, um alles, was über den Winter nicht an Bord bleiben soll, nach Hause zu bekommen. Und das ist ne Menge. Wir haben über die lange Reise-Zeit gemerkt, dass wir längst nicht alles benötigt haben – vor Allem an Kleidung – was wir so an Bord mit uns rumschleppen. Man schlumpft doch viel in den üblichen Segelsachen daher und da in den meisten Häfen Waschmaschinen zur Nutzung bereitstehen, bekommt man die Lieblings-Segelkleidung auch fix wieder sauber. Und „für Gut“ mal ins Restaurant – kommt nicht so häufig vor – da benötigt man auch Bluse und Pulli nicht 4x. Und ausserdem… es springt auch manchmal einfach so ein „Objekt der Begierde“ in den Rucksack 🛍. Soll man das dann etwa wieder rausschmeißen?🥰
Kalli hat Glück, dass er morgens den Weg zum Taxi (und zum Bahnhof) findet, denn wir können kaum die andere Stegseite sehen: dichter Nebel überall! Es sieht irgendwie verträumt und friedlich aus, wie sich die Sonne so langsam ihren Weg durch die feuchte Luft bahnt.


Nachdem Kalli unterwegs ist, trinke ich erstmal gemütlich noch einen zweiten Kaffee und beginne dann langsam mit den ersten Arbeiten: Seekarten sortieren… die Finnischen und Nordschwedischen können erstmal nach Hause, denn im nächsten Jahr fahren wir dort bestimmt nicht gleich wieder hoch. Ebenso mit den Hafenhandbüchern. Und bloß nicht das geliehene Hafenhandbuch vergessen… das wird jetzt zurück an Stig und Bibi nach Schweden geschickt. Kleidung vorsortieren, und alles, was an Bord bleiben soll, durchwaschen. Bei dem jetzt entstandenen Durcheinander steht man sich mit zwei Leuten eh nur im Wege.
Am Freitag (23.09.) geht es dann genauso weiter… die Strecktaue, die gut 5 Monate für unsere Sicherheit an Deck lagen – zum einhaken der Rettungsleine unserer Rettungswesten – und langsam die graue Farbe unseres Teakdecks angenommen haben, werden nach einem Waschgang wieder fast weiß und ansehnlich und können verstaut werden. Als Kalli mit dem Auto wieder in Schleswig ankommt, nehmen wir als erstes schnell die Segel ab. Die sind trocken und es ist kaum Wind: ideale Voraussetzungen. Und dann wurschteln wir uns so weiter.








Am frühen Nachmittag kommt dann netterweise noch ein Bekannter, der sich, wie in den letzten Jahren auch schon, sorgfältig und penibel um das Schrubben unseres Teakdecks und das Polieren des Decksaufbaus kümmern will. Das haben wir lange Jahre selber ohne Unterstützung hinbekommen, doch irgendwie wird das Schiff „gefühlt“ immer größer und Knie und Rücken immer steifer 🤷♀️🤷♂️->👵🧓🏻 Er hat das Wochenende über Zeit und ackert immer um sich rum🙏 Wir halten ihn mit Heißgetränken und belegten Brötchen bei Laune und ackern selber derweil innen um uns rum: weiter packen, putzen und dann mal alles Holz (natürlich nur im Innenraum) mit Pflegemittel behandeln.




da sieht man mal, wieviel Schmutz so in der Luft ist

So geht das Wochenende sehr arbeitsreich ins Land. Als das Deck pickobello sauber ist – es sieht fast aus wie neu und wir müssen aufpassen, dass uns niemand ein Kaufangebot fürs Schiff macht – wird noch der Baum abgenommen und sicher an Deck verzurrt. Dann folgt mein Lieblingsjob: alle Fallen und Leinen möglichst klapperfrei belegen. Das ist wichtig für einen entspannten und ruhigen Schlaf.
Da eine kleine Arbeitspause auch mal sein muß, nutzen wir diese für einen Gang durch das alte Fischereiviertel Holm. Das war im Frühjahr etwas zu kurz gekommen und ist immer einen Spaziergang wert – besonders, bei schönem Wetter. Aber dann zack zack – wieder an die Arbeit!






Im Hafen sieht man auch auf anderen Schiffen geschäftiges Treiben. Überall wird geräumt und geputzt… die Saison geht halt dem Ende entgegen. Aber früh morgens ist es erst ganz beschaulich. Wir können unseren morgendlichen Kaffee – wie während unserer Reise auch – zum richtig wachwerden genießen. Das Schiff schaukelt ganz sanft im leichten Wind, einige Enten schnattern um uns rum… das werden wir zu Hause vermissen. Und hoffentlich finden wir dort auch den richtigen Weg, wenn ggf. des nächtens mal ein Toilettengang ansteht. Mein Vater hat sich seinerzeit mal nach einem längeren Segelurlaub – glücklicherweise rechtzeitig – im Kleiderschrank wiedergefunden 😴🤭. Das Wiedereinleben wird sicher spannend. Wir freuen uns jedenfalls, endlich alle Freunde nicht nur wiederzusehen (mit einigen haben wir ja immer mal über Facetime gesprochen), sondern auch mal wieder in den Arm zu nehmen.
Allerdings wird es nun wohl auch eine ganze Weile an dieser Stelle keine Berichte mehr geben. Lieben Dank an Alle, die uns quasi virtuell begleitet und mit dem einen oder anderen netten Kommentar bedacht haben. Wir hoffen, Euch hat unsere Reise ebenso gut gefallen, wie uns.
Bis bald mal wieder… vielleicht im nächsten Jahr? Auch wenn dann die Reise sicherlich deutlich kürzer ausfällt. Über neue Planungen werden wir Euch rechtzeitig informieren.

Stay tuned and keep watching
5 Responses
Hallo, kommt gut und sicher an. Wir sehen uns bestimmt bald freue mich auf eure Geschichten.
Gruß Jörg
Willkommen in der Heimat und vielen Dank für die vielen schönen Fotos und Berichte.
What a wonderful journey, thanks for sharing it with us! You are both very good writers with a real knack for sharing interesting details and facts and photos of your adventure.
Best wishes for your new land adventures!
Laurie
Hi Laurie & Karen, thank you so much for your kind comments. We absolutely remember our meeting in Lappo – what a wonderful afternoon. And we do hope to have a chance to meet again – wait & see. Our vessel will go into winter-storage on Thu. We’ll be meeting with friends for dinner on Thu evening and then drive home on Fri morning. Hope you are healthy and enjoying life.
C u later, Petra & Karlheinz
Liebe Petra, lieber Kalli,
was für ein glücklicher Zufall es doch war, unser Treffen in Kappeln. Das Segeln nach Schleswig am nächsten Tag glich einem kleinen Abenteuer für uns. Gemächliches Gleiten auf ruhigem Wasser, die schönsten Uferaussichten der Schlei bei schönstem sonnigen Wetter und nicht zu Letzt die interessanten Geschichten aus Eurer Segeltour. Ganz neben bei lernten wir einiges über das Boot und das Segeln.
Vielen Dank für dieses schöne Erlebnisse. Die Zeit mit Euch war einfach toll!
Liebe Grüße
Elvira und Waleri