Neues Jahr, neue Pläne

Endlich ist unsere Pilgrim wieder im Wasser! Wurde auch Zeit…

Aber der Reihe nach. Im Januar 2023 haben wir uns das erste Mal wieder mit der diesjährigen Reiseplanung beschäftigt. Nichts großes, vermutlich nur kürzere Törns sollen es in diesem Jahr sein. Ziele gibt es ja genügend… nur entscheiden müssen wir uns. Entspannt durch die Dänische Südsee? Gen Rügen und Usedom? Oder hören wir gar den Limfjord nach uns rufen? Alleine oder mit Freunden als kleine Flottille? Fragen über Fragen…

Doch zuvorderst steht – endlich nach drei Jahren Corona-Pause  – ein Besuch der Boots-Messe in Düsseldorf. Das ist eine gute Gelegenheit, wieder etwas „Schiffsgeruch“ aufzunehmen und sich ganz langsam auf die neue Segelsaison vorzubereiten. Wir treffen uns in Düsseldorf mit Segelfreunden – der „Skrållan-Anders“-Crew – zu leckerem regionalen Abendessen (Hämmchen mit Sauerkraut = Rheinisches Eisbein und Rheinischem Sauerbraten) und schlendern am nächsten Tag ausgiebig über die Messe. Die ist ganz gut besucht, auch wenn es – was wir als sehr angenehm empfinden – noch nicht wieder so voll ist wie in der Vor-Corona-Zeit. Wir schauen uns ausgiebig das aktuelle Modell unseres Schiffes an… ist schon schick und moderner geworden… aber wir behalten lieber unsere Pilgrim!!! Nicht alles Neue gefällt uns besser.

Und übrigens: unsere lange Reise vom letzten Jahr ist jetzt auch in einem gedruckten Buch nachzulesen. Wer also keine Lust hat, immer erst unseren Blog aufzurufen und dann auch noch die gewünschte Etappe zu finden kann sich jetzt ganz entspannt mit unserem Buch aufs Sofa fläzen und einfach ein bisschen durch die Reise blättern. Nur bestellen müsst ihr schon selber: https://shop.tredition.com/search/cGlsZ3JpbSBvbiB0b3Vy. Das Buch wird dann nach Bestelleingang gedruckt. Falls der Link nicht funktioniert, dann bitte so: www.tredition.com, den Tredition-Shop aufrufen und dort nach dem Titel „Pilgrim on Tour“ suchen. Viel Spaß beim Lesen! Leider sind auch in dieser Branche die Kosten massiv gestiegen – aber man bekommt ein wertiges Buch mit vielen farbigen Fotos fürs Geld.

Im Februar reift dann bei mir so langsam der Plan, meinen langjährigen, und auch nach 28 Jahren immer noch gerne ausgeführten, Job zu kündigen und in den vorgezogenen Ruhestand zu wechseln. Vielleicht ist es ja der richtige Zeitpunkt und das Architekten-Versorgungswerk macht es möglich. Nach einem langen Gespräch mit meinem Senior-Chef gebe ich – mit einem lachenden und einem weinenden Auge – meine Kündigung ab und werde 4 Wochen später von Geschäftsleitung und Kollegen mit vielen guten Wünschen, Blumen und Sekt in meinem phantasievoll geschmückten Büro in einen neuen Lebensabschnitt verabschiedet. Was für ein emotionaler Moment!

Anschließend geht es für eine Woche – ich habe noch etwas Resturlaub – zu unserem „Versteck in den Bergen“ in den Tannerhof nach Bayrischzell… Entspannen, entschlacken, es sich gut gehen lassen. Erholung für Leib und Seele. Immer wieder eine tolle Zeit, die wir sehr genießen.

Und nun also (endlich) Schiff Einwassern. Und vorher natürlich erstmal wieder alles zusammensuchen, was im Herbst mit nach Hause gewandert ist und wieder zurück an Bord muss. Dank ausführlicher Listen sollte nichts vergessen werden…

Also am Freitag, den 31. März das Auto packen und los nach Schleswig.

Pilgrim schwimmt brav und von der Winterlager-Werft gut verzurrt im Stadthafen und so schleppen wir fleißig alles an Bord. Das Wetter ist reichlich bescheiden und wir können getrost das Anschlagen der Segel auf den Beginn der nächsten Woche verschieben. Da die Schlei eh erst ab Karfreitag passierbar ist – das Sorgenkind Lindaunisbrücke wird nun endgültig demontiert, was aber schon seit geraumer Zeit bekannt ist – haben wir uns auf einige Tage in Schleswig und ein gemächliches Aufklarieren des Schiffes eingerichtet. Unsere Planung passt folglich gut zum isseligen Wetter.

Am Samstag, den 01. April, macht das Wetter dem Datum dann alle Ehre: es bläst mit 7-8 Beaufort und durch den starken Nordost-Wind wird reichlich Wasser an die Ostseeküste und natürlich in die Schlei gedrückt. Bei unserer Ankunft am Freitag konnten wir nahezu eben vom Steg an Bord treten, nun ist der Wasserstand schon um 1,10m gestiegen (!) und wir sind froh, dass wir unsere Taschen und Kisten an Bord haben und nicht über unsere Bugleiter hochwuchten müssen. Man muß auch mal Glück haben. 

Der Sonntag (02.April 2023) beschert uns endlich ein wenig Sonne, allerdings auch immer noch reichlich kühlen und kräftigen Wind. Der Sonnenschein motiviert uns aber zum Klarieren der Leinen und Fallen, die aus ihrer Winterruhe erweckt und wieder durch die richtigen Rollen, Umlenker und Führungsröhren bis zu ihren jeweiligen Klampen bzw. Fallenstoppern verlegt werden müssen. Das ist einigermaßen fix erledigt, denn schon jahrelang eingeübt. Nur für die Lazybag-Leinen – das Lazybag ist die am Baum montierte Berge-Tasche für das Großsegel – muss ich später doch hoch in den Mast. Die Werft hat die letzten Jahre diese Halteleinen für die Tasche am liegenden Mast montiert, doch leider in diesem Jahr vergessen. Die entsprechenden Pilotleinen sind zwar korrekt durch die kleinen Umlenkrollen unter der oberen Saling geführt, aber dort läßt sich die Hauptleine nur direkt von Hand eng um die Rolle führen. Also morgen, bei weniger Wind, einmal hoch und nachgeholfen.

Kalli zieht mich also – bei wenig Wind – mit Hilfe der elektrischen Winsch recht entspannt hoch in den Mast, ich bastele ein wenig und genieße anschließend die schöne Aussicht über den Stadthafen und die Schlei aus etwa 15m Höhe. Und ich werde glücklicherweise auch wieder hinunter gelassen. Danke! Danach können wir Lazybag und dann Großsegel montieren. Und dann werden noch schnell zwei Leinen ausgetauscht, denn Großfall und Fockschot sieht man die letzten Jahre deutlich an und sie machen nicht mehr so einen stabilen Eindruck. Nun ist unser Schiff fast wieder abfahrbereit… und wir haben uns den ersten Fischteller der Saison redlich verdient. „Zander‘s Nordlicht“ direkt am Hafen bietet da ganz ordentliche Qualität zu angemessenen Preisen.

Die Woche über nimmt der Wind ab, das Wasser sinkt wieder auf Normalstand und wir können das Schiff ohne Klettereinlage betreten. Die restlichen Arbeiten – Elektrik anschließen, ein wenig putzen, die Vorräte auffüllen – werden ganz entspannt erledigt.

An Karfreitag (07. April) ist es dann soweit: das erste Mal in 2023 Motor an und bei strahlender Sonne die Leinen los. Vorab natürlich warm einmummeln, denn die Luft ist noch eisig kalt. Das schwenkbare Brückenteil der alten Lindaunis-Brücke ist, wie angekündigt, ausgehängt und die Engstelle lässt sich problemlos passieren. Da der Bau der neuen Brücke (für Auto- und Zugverkehr) aber noch einige Zeit benötigt, wird bis zum Sommer eine provisorische Fußgänger- und Radfahrerbrücke gebaut. Dann ist die Schlei an dieser Stelle wieder nur 4x täglich passierbar. 

Wir sind heute aber erstmal durch und fahren bis zur Kappelner Brücke. Dort werden wir magisch vom noch fast leeren Vereinshafen des ASC angezogen, der uns im letzten Jahr für drei Wochen Asyl gewährt hatte. Der ursprüngliche Plan, auch die letzte Schleibrücke bei Kappeln (vorsichtshalber) noch zu passieren, wird verworfen und wir verabreden uns mit Hartmut, dem Rigg-Profi vom letzten Jahr. Er hat Zeit, kommt gerne sofort vorbei und nach einem herzlichen Hallo kontrolliert er unser Rigg. Jetzt haben wir wieder ein gutes Gefühl. Lieben Dank!! Danach sitzen wir lange bei leckeren Kaltgetränken beisammen und lassen das letzte Jahr Revue passieren. 

Kleine Anekdote am Rande: neben uns ist ein Segler damit beschäftigt, seine Segel anzuschlagen und vertut sich leider mit Ober- und Unterteil… er zieht das Vorsegel falsch herum in den Mast. Hartmut schaut verdutzt und ruft kurz rüber: „Hey, das gehört so nicht.“

Die schlagfertige Antwort von nebenan: „Das hat der Künstler so gewollt!“ 

Nach Korrektur und erledigter Arbeit kommt er dann zu uns an Bord zum Aufwärmen und bekommt ein Dankeschön-Bier für die kurzweilige Vorstellung. Aber so etwas passiert halt jedem mal.

Auf einen Gang durch Kappeln verzichten wir – hatten wir im letzten Jahr wirklich genügend – und so starten wir am nächsten Tag zur langen Etappe über die Kieler Bucht. Die Brücke bei Kappeln klappt problemlos, wir starten früh und müssen erst noch ein wenig auf die Sonne warten. Aber kurz nach dem Passieren des Leuchtturm Schleimünde kommt sie hinter den Wolken hervor! Jetzt wird die Luft wenigstens ein bisschen wärmer. Allerdings bleibt uns ein schöner Segelwind verwehrt, sodaß der Motor ran muß.

In Heiligenhafen werden wir von unseren Freunden Angelika und Ferdi freudig in Empfang genommen, die hier ihren Saisonliegeplatz haben und auch schon mit ihrem Schiff im Wasser sind. Ansonsten ist der Hafen noch reichlich leer. 

Auf der Anfahrt nach Heiligenhafen beäugen wir intensiv die Fehmarnsund-Brücke, denn die „Bekanntmachungen für Seefahrer, Nr. 86/23“ haben Ende März eine Hiobsbotschaft veröffentlicht: wegen Bauarbeiten an der Brücke verringert sich bis zum 30. April die Durchfahrtshöhe um 3m! Reguläre lichte Höhe: 22m. Wir benötigen min. 19,70m! Brücken sind und bleiben wohl unser Problem.

Die reduzierte Durchfahrtshöhe würde für uns auf dem Weg nach Grömitz einen erheblichen Umweg – ganz um Fehmarn herum – bedeuten. Doch bis auf einen ganz schmalen Arbeitskorb können wir weit und breit keine Einschränkung entdecken. Mindestens 95% der Brücken-Durchfahrt sind regulär zu passieren. Kann man da nicht ein wenig detaillierter warnen und nicht alle verrückt machen?

Am Ostersonntag (09. April) starten wir in Heiligenhafen und machen uns auf den Weg nach Grömitz. Doch auch aus der Nähe ist an der Fehmarnsund-Brücke keine großflächige Behinderung zu erkennen. Der kleine Arbeitskorb ist wirklich nicht der Rede wert.

Den Weg in unseren Heimathafen Grömitz finden wir auch ohne elektronische Navigation, denn unser Plotter am Steuerstand hat wohl mitbekommen, dass er ausgetauscht werden soll. Der Neue ist bestellt, aber noch nicht geliefert. Der Alte akzeptiert keine Route, keine Wegepunkte, der Maßstab lässt sich nicht ändern… das ist aber nicht so schlimm. Erstens haben wir noch einen weiteren Plotter am Navigationstisch unter Deck, zweitens haben wir ja mal die Navigation mit Papierkarten gelernt und drittens kennen wir den Weg nach Grömitz auch ohne Karten. 

Nach einer entspannten Motorfahrt (es ist leider nur für kurze Zeit passender Segelwind) machen wir an unserem seit vielen Jahren angestammten alten Liegeplatz fest. Wir haben den Platz während unserer langen Reise im letzten Jahr freigegeben, aber jetzt sind wir wieder da!

Das nach der in jedem Frühjahr notwendigen Stegreinigung angebrachte Flatterband macht es zwar etwas knifflig, unfallfrei von Bord zu kommen, aber Hilfe naht und befreit unseren Platz von der Flatterbarriere. Das Band soll Möwen und Enten vom in Besitz nehmen und vollkäckern der Stege fern halten, bevor genügend Schiffe festgemacht haben und deren Besatzungen die Stege für sich beanspruchen.

Auch hier im Hafen sind noch große Lücken frei und längst nicht alle Schiffe wieder im Wasser. Es ist halt noch früh in der Saison – und kalt. Immerhin friert es nachts nicht mehr. Die meisten Bootfahrer werden wohl erst ab Anfang Mai eintrudeln.

Jetzt müssen wir uns in Grömitz erstmal wieder einleben. Mal hören, was es denn so Neues gibt… immerhin waren wir eine lange Zeit nicht hier.

Ein Törn ist erst ab Juni geplant, es wird daher mit weiteren Nachrichten von uns noch ein wenig dauern.

Stay tunend and keep watching.

Kommentare:

One Response

  1. Wieder schön beschrieben, der Beitrag motiviert mich nochmal mein Boot auch bald wieder seinem Element der Nordsee zu übergeben, .
    Liebe Grüße von Jörg

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