Endlich unterwegs gen Dänemark

Am Samstag, den 17. Juni, starten wir unseren ersten kleinen Törn in diesem Jahr und das als kleine Flotille: gemeinsam mit „Danae“ wollen wir in die Dänische Südsee segeln. Valéria und André mit ihrer „Danae“ sind liebe Stegnachbarn aus Grömitz und sie wollen endlich mal Dänemarks Inselwelt erkunden. Zu Beginn heißt es allerdings, erst einmal den Dieseltank füllen, denn für die ersten Tage ist wenig Wind, dafür aber viel Sonne vorhergesagt. Es gibt deutlich schlimmeres und so tuckern wir gemeinsam nach Lemkenhafen, einem kleinen Hafen an der Südwestküste Fehmarns. Und da dieser niedliche Vereinshafen keine separaten Gästeplätze hat, rufe ich vorher beim Hafenmeister an. Sicher ist sicher.

Als wir in den Hafen einlaufen, steht der Hafenmeister schon bereit und weist uns ein. Das ist doch mal ein Service.  So kann der Urlaub beginnen!

Und um dem Ganzen noch ein I-Tüpfelchen aufzusetzen, haben wir für abends einen Tisch im Margaretenhof reserviert (https://restaurant-margaretenhof.com) – eines der besten Restaurants im weiten Umkreis. Ein 20-minütiger Fußmarsch bringt uns vom Hafen zum Restaurant, wo heute, bei dem tollen Sommerwetter, draußen alles nett eingedeckt ist. Das Essen ist – wie erwartet – äußerst schmackhaft und der Service – wie immer – sehr sehr nett. Der Weg hierher lohnt sich unbedingt! Beschwingt und gut gesättigt ist der Weg zurück zum Schiff auch seltsamerweise nur noch halb so weit.

Der nächste Tag begrüßt uns erst mit einigen Wolken, dann aber Sonne und wieder wenig Wind. Egal… es soll nun endlich nach Dänemark gehen: Bagenkop an der Südspitze Langelands ist unser Ziel. Unterwegs kommt doch ein wenig Wind auf, sodass wenigstens das Vorsegel unserem Motor etwas Unterstützung geben kann. Um nur zu segeln, reicht der Wind – beziehungsweise unsere Geduld – nicht aus. Das Kreuzen des von der Großschifffahrt viel befahrenen Kiel-Ostsee-Weges klappt ungewohnt stressfrei. Zum richtigen Zeitpunkt ist eine große Lücke in der langen Reihe der hin und her fahrenden Frachter. Man muss auch mal Glück haben. Nach der Passage hat sich Kalli ein Nickerchen verdient.

Unterwegs passieren wir natürlich auch die Deutsch-Dänische Grenze und ziehen die Gastlandflagge unter die Saling. Wir wissen schließlich, was sich gehört.

Bagenkop bietet uns, ob des zeitigen morgendlichen Starts, noch reichlich freie Liegeplätze. Erst gegen 20 Uhr ist der Hafen gut gefüllt. Gleich nach dem Festmachen erledigen wir zwei wichtige Dinge: Kalli bezahlt die Hafengebühr und ich flitze schnell zum Dagli Brugsen (hat täglich 8-19h geöffnet!) und besorge für meinen Lieblings-Skipper endlich alkoholfreies Bier, bei uns an Bord als „Segelbier“ bekannt. Schließlich gibt es auch auf See eine Promillegrenze und Wasser mag er irgendwie nicht trinken.

Auf unseren sonst hier üblichen Dänemark-Begrüßungs-Burger müssen wir leider verzichten: der Laden hat den Beginn der Segelsaison irgendwie noch nicht mitbekommen. Also sammeln wir unsere sämtlichen Leckereien zusammen – und es gibt viel Leckeres auf zwei Schiffen – und nutzen einen der vielen Grilltische am Hafen – heute allerdings ohne Grillfleisch. 

Dabei erfolgt auch der übliche Blick in diverse Wettervorhersagen und wir stellen gemeinsam fest: morgen ist nochmal frühes Ablegen angesagt. Ab Mittag soll nicht nur der Wind unangenehm zunehmen, sondern auch der eine oder andere kurze Schauer über uns hinwegziehen. Darauf haben wir keine Lust. Und wir wollen auch Valéria nicht „versegeln“, denn ihr müssen die richtigen Seebeine erst noch wachsen. Wir planen daher nur eine kurze Etappe bis nach Marstal. Durch das nette Städtchen könnte man auch bei ein wenig Regen schlendern.

Der Sonnenuntergang beschert uns einen schönen Tagesabschluß und langsam sinkt der Hafen in den nächtlichen Ruhemodus. Beim abendlichen Einholen der Flagge am Heck aber Achtung: ab jetzt muss auch an das Einholen der Gastlandflagge gedacht werden! 

Am nächsten Morgen (Montag, 19. Juni) erweist sich unsere Planung als genau richtig. Wir sehen in der Ferne langsam die Wind- und Regenwolken auf uns zuziehen und verlassen rechtzeitig den Hafen. Die kurze Etappe bis nach Marstal (an der Südspitze der Insel Ærö gelegen) ist bei raumem Wind (= Wind schräg von hinten) und kaum Welle schnell erledigt. Die dunklen Wolken lassen wir einfach hinter uns. 

Bei der Zufahrt nach Marstal müssen wir gut auf die flachen Stellen beidseits der Fahrrinne achten… es wird hier ganz fix ganz flach! Im Hafen selber fahren wir auch nicht bis ganz zum Yachthafen, denn erstens ist dort die Wassertiefe stellenweise grenzwertig gering und zweitens ist von dort aus der Weg ins Städtchen auch lang. Wir legen uns lieber gleich zu Beginn des Hafens längs an die Mole und auch „Danae“ findet direkt vor uns einen passenden Platz. Wir sind ja schließlich auf einem Segeltrip und nicht auf einem Wanderurlaub.  

Beim genießen des Einlaufdrinks – um 10 Uhr kann man schon mal Prosecco trinken – melden sich die ersten kräftigen Böen und es stippert ein klein wenig – alles richtig gemacht!

Anschließend macht die Besatzung der Danae eine Bustour nach Ærösköbing. Busfahren ist hier auf der Insel kostenlos und da ja der ganze Tag vor uns liegt, bietet sich solch eine Fahrt an. So können sich die Beiden gleich noch einen weiteren Hafen anschauen, denn den werden wir auf diesem Törn nicht anlaufen. Da Kalli und ich aber Ærösköbing schon kennen, begnügen wir uns mit einem Spaziergang durch Marstal. Kennen wir zwar auch schon, aber etwas Bewegung tut gut und durch die schmalen Straßen zu schlendern ist immer wieder nett. Es gehört zum Straßenbild Dänemarks, dass an vielen Stellen Stockrosen blühen und die zum Teil engen Wege noch schmaler und bunter machen. Der Name ist allerdings irreführend: es ist eigentlich ein Malvengewächs und gehört bei uns in jeden guten Bauerngarten. Und welch ein Zufall… unser Weg führt an einem sehr gut sortierten Handarbeitsgeschäft vorbei. Schon von draußen höre ich die Wolle nach mir rufen. Tja, was soll man machen…

Gen Nachmittag nimmt der Wind ab, richtiger Regen ist auch keiner gekommen und wir genießen die Zeit im Cockpit… fühlt sich an, wie Urlaub!

Am Dienstag, 20. Juni, wird etwas länger geschlafen. Leider ist wiedermal absolute Flaute vorhergesagt und wir richten uns auf eine Motorfahrt ein. Nichts mit Segeln. Unser Ziel ist Lundeborg, ein kleiner Hafen an der Ostküste Fünens. Unser Weg führt uns durch die flachen Gewässer westlich Langelands, an der kleinen Insel Strynø By vorbei und wir passieren mal wieder eine Brücke, die Langelandsbroen. Sie schließt bei Rudkøbing die Straßen-Verbindung von Fünen über Tåsinge nach Langeland. So langsam haben wir unser Brückentrauma vom letzten Jahr verarbeitet. 

Durch unser zeitiges Eintreffen in Lundeborg haben wir nahezu freie Platzwahl, müssen nur den Sportbooten des örtlichen Internats Platz machen. Die Schule hat eine engagierte Segelsparte und ist heute mit vier Booten mit je 10 Personen an Bord (!) unterwegs. Aber das kennen wir schon von früheren Besuchen und so können wir André vorwarnen, der just einläuft, als die Sportboote auslaufen. 

Lundeborg hat zwar keine so netten Häuschen wie Ærösköbing zu bieten, hat aber mit dem großen Packhaus aus dem Jahr 1863, einem unter Denkmalschutz stehenden roten Fachwerkhaus in dem heute Kunsthandwerk angeboten wird, ein eindrucksvolles Wahrzeichen.

Unser gemeinsames Abendessen genießen wir direkt neben den Schiffen am Steg mit frisch  geräuchertem Fisch – Makrele, Lachs und Krabben kommen vom örtlichen Fischladen. Das leckere Essen versüßt uns ein wenig die Tatsache, dass morgen wieder frühes Aufstehen angesagt ist: ab Mittag zieht ein heftiges Windfeld durch diesen Teil der Ostsee. 

Um 05.50h klingelt der Wecker, um 07.00h ist Ablegen angesagt. Nach knapp 3 Stunden erreichen wir Omø, obwohl wir beim Überqueren des Langelandsbelt, der von viel Großschifffahrt befahren wird, erst einen großen Frachter passieren lassen müssen und dazu einen kleinen Schlenker gefahren haben. Alles kein Problem. Es gibt noch erstaunlich viele freie Plätze in dem kleinen Hafen. In der Hochsaison ist es hier pickepacke voll. Allerdings sind die vorgesehenen Liegeplätze mit Heckdalben zum festmachen doch recht kurz für uns – wir stehen gut 1,5m hinten raus und machen damit den Fahrweg zwischen den Stegen recht schmal. Wir legen uns daher nochmal um und machen doch lieber längs gegenüber dem Fähranleger fest. Pünktlich um 12h dreht der Wind auf die vorhergesagte Stärke auf und bestätigt die Windvorhersage: es bläst mit gut 6 Beaufort. Wiedermal die richtige Entscheidung getroffen. 

Wir haben einen sehr gemütlichen Tag auf Omø, das außer viel Natur, dem kleinen Hafen mit angrenzendem Campingplatz, vielen kleinen Ferienhäusern und einem kleinen Badestrand nicht wirklich etwas zu bieten hat. Viel Natur halt. Und gemütlich. Es gibt eine kleine Fähre, die mehrfach am Tag zur kleinen Nachbarinsel Agersö und auch nach Stigsnæs auf Seeland fährt. Hier auf Omø herrscht quasi Entschleunigung pur.

Am nächsten Tag, Donnerstag 22. Juni, rutschen wir schnell nach Vejrø rüber. Das war eigentlich schon am Vortag der Plan gewesen, doch wegen des Windes gegen mittag haben wir lieber umgeplant. Dann eben heute nach Vejrø, einer kleinen Privatinsel im Smålandsfahrwasser zwischen Seeland und Lolland. Die Insel umfasst nur eine Fläche von 1,6 km2 und weist eine weitgehend unberührte Natur auf. Die Fläche wird heute landwirtschaftlich genutzt und derzeit von nur 4 Personen dauerhaft bewohnt.

1925 lebten hier 76 Personen und es gab eine kleine Inselschule, ein Lebensmittelgeschäft und eine Meierei. In den 1960er Jahren verwaiste die Insel langsam. Ich kann mich gut erinnern, dass ich mal mit meinem Vater hier war – irgendwann in den 1990ern – und man uns erzählte, dass vielleicht in den verfallenen Gebäuden noch ein Skelett liegen könnte. Segelurlaub mit Gruselfaktor… wir haben aber keins gefunden. 

Die Insel stand dann jahrelang zum Verkauf, bis sie 2006 vom dänischen Bankier Kim Fournais, dem Mitbegründer der Saxo Bank, erworben wurde. Er sanierte den Hafen, errichtete Ferienhäuser und ein Restaurant und vermarktet die Insel zudem als Konferenz- und Tagungszentrum. Zur landwirtschaftlichen Nutzung wurden Gewächshäuser gebaut, die 2014 sogar einen Architekturpreis erhielten.

Aktuell ist das Restaurant Skipperly, dessen wirklich gute regionale Küche wir bei unseren letzten Besuchen schon mehrfach genießen konnten, leider geschlossen: es findet sich kein Servicepersonal! Nur eine Art Imbiss- und Pizzahaus direkt am Hafen bietet kleine Gerichte an. Da hier aber reichlich Grillplätze und Feuerstellen vorgehalten werden (inkl. Grillkohle und Feuerholz!), können wir unserem Grillwunsch ausgiebig nachkommen.

Am nächsten Tag (Freitag, 23.Juni) ist es, wie so oft beim segeln: morgendlicher Blick in die Windvorhersagen und anschließende Veränderung des Törnplans. Es ist halt, wie es ist. Wir wollten eigentlich dieses schöne Fleckchen Insel etwas länger genießen, der Wind gibt uns aber etwas anderes vor. In 2-3 Tagen soll es heftigen Wind aus Westen geben. Selbst, wenn er nicht ganz so heftig kommt, wie heute vorhergesagt, wäre es vermutlich zuviel für ein entspanntes segeln. Daher lieber jetzt (rechtzeitig) eine kleine Törnänderung  bzw. Törnverkürzung einplanen und nicht womöglich in Gedser für 3 Tage einwehen. 

Der Entschluss wird einstimmig getroffen, auch wenn wir dadurch hier auf Vejrø eine bestimmt nette Feier zur Sonnenwende verpassen. 

Aus Schweden kennen wir die Mittsommer-Feste sehr gut. Ein Baum bzw. langer Pfahl wird geschmückt und gestellt – ähnlich dem Maibaum in Deutschland – und es wird getanzt und gesungen. Es ist einer der wichtigsten Feiertage in Schweden. 

In Dänemark wird etwas anders gefeiert. Hier wird „der Hans verbrannt“. Überall im Land werden viele kleine und große Scheiterhaufen errichtet, auf denen dann symbolisch eine Strohhexe mitsamt Besen verbrannt und auf diesem Wege wieder zurück auf den Blocksberg im Harz geschickt wird. Offensichtlich kommen Hexen immer vom Blocksberg im Harz.

Überall in Dänemark, besonders natürlich an gut besuchten Touristenstränden, werden dann große Feuer den Nachthimmel erhellen. Allerdings könnte das in diesem Jahr auch an dem einen oder anderen Ort verboten werden, da es einfach zu trocken und damit die Brandgefahr zu groß ist. 

Sankt Hans ist übrigens die Abkürzung vom Heiligen St. Johannes dem Täufer, dessen Geburt am 24. Juni jährlich gefeiert wird.

Feier hin oder her, auch der bedeckte Himmel hält uns nicht davon ab, gegen 10 Uhr abzulegen. Wir haben eine rasante Überfahrt nach Spodsbjerg an der Ostküste Langelands. Die Wellen sind noch gemächlich, die Windrichtung paßt und wir rauschen selbst mit einem Reff im Großsegel zügig – mit zeitweilig 7,8 Knoten (!) – zu unserem neuen Zielhafen. Kurz vor der Ankunft konsultiere ich mal die dortige WebCam und kann das Ergebnis nicht wirklich glauben. https://de.spodsbjerghavn.dk/webcam/webcam-1-ost.aspx . Der Hafen ist nahezu leer. Ist die Kamera etwa außer Betrieb? So leer hätte ich den Hafen nicht erwartet. Doch bei der Einfahrt zeigt sich: ganz viele Liegeplätze sind leer und wir finden problemlos einen Platz. 

Danae kommt, ebenfalls deutlich gerefft, gut durch den Wind und heile in Spodsbjerg an… Valéria macht sich gut… die Seebeine wachsen! Den Tag lassen wir gemütlich ausklingen und sammeln Energie für morgen: eine längere Etappe (ca. 38sm) bis nach Heiligenhafen liegt vor uns. Doch auch da spielt der Wind wieder mit und wir können fast die gesamte Stecke wunderbar (und ungerefft)  segeln. Gleichmäßiger Wind und ganz ruhiges Wasser läßt Pilgrim – und auch Danae – einfach so dahingleiten. Zu beiden Seiten sehen wir viele andere Segler, die sich offensichtlich die gleiche Windvorhersage angeschaut haben wie wir und nun einen größeren Hafen – für einen längeren „Wind-Aufenthalt“ – aufsuchen. Unterwegs passieren wir wieder den Kiel-Ostsee-Weg und auch jetzt passt es mit den querenden Frachtern gut.

Unser Freund Ferdi reserviert uns – wiedermal – zwei Liegeplätze und so können wir entspannt gen Heiligenhafen segeln. Am Abend haben wir uns ein leckeres Abschlußessen verdient. André schafft es irgendwie, kurzfristig einen Tisch bei „Tamatsu“ am Hafen zu reservieren und wir genießen das vorzügliche Essen.

Was für ein schöner Tag!

Da wir am Sonntag, 25. Juni,  nur noch den Weg bis Grömitz auf unseren festen Liegeplatz vor uns haben, lassen wir es morgens ganz gemütlich angehen. Wobei… es ist um 09.00 Uhr schon so drückend warm, dass wir uns doch lieber alsbald auf den Weg machen. Unterwegs haben wir wenigstens Fahrtwind, der etwas erfrischt. Und nicht nur das: kaum haben wir die Fehmarnsund-Brücke passiert, wird das laue Lüftchen zu einem ganz passablen Segelwind. Wir bekommen einen Segeltag geschenkt, den es so nicht häufig gibt. Alles passt! Was für ein schöner Abschluß des diesjährigen ersten kleinen Törns „Langeland rund“, auch wenn er drei Tage länger geplant war. Wir hatten eine schöne Zeit als kleine Flotille und haben vielleicht ein wenig geholfen, dem weiblichen Teil der Danae-Crew den Spaß am Segeln und der dänischen Inselwelt zu vermitteln.

Jetzt folgt noch ein kurzer nicht so angenehmer Part: aufräumen, putzen, Heimfahrt. Und dann aber Vorfreude auf den zweiten Törn des Jahres: wieder kleine Flotille – dann wollen wir gemeinsam mit „Skrollån Anders“ unterwergs sein.

Ach übrigens: am Montag (26.Juni) bläst es ab Mittag mit 5-6 Beaufort und einzelne heftige Schauerböen bringen willkommene Abkühlung. Gut, dass wir sicher im Hafen liegen.

Stay tuned and keep watching

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