Törn 2 mit holprigem Start

Am Samstag, den 1. Juli, wollen wir zu einem zweiten, ein wenig längerem Törn, starten. Diesmal als kleine Flotille gemeinsam mit der „Skrållan Anders“. Skipper Mathias, ein Freund aus Grömitz, hat sich, da seine Stammcrew (Tochter Chiara und Schwiegersohn Tim) erst in einer Woche Zeit hat, mit Sebastian guten Ersatz gesucht. Und auf der Pilgrim soll es ebenfalls für eine Woche Crew-Verstärkung geben: Gerlinde und Wolfgang wollen uns mal wieder für einige Tage begleiten. Doch, wie es immer mal bei einem Outdoor-Sport ist: das Wetter ist uns überhaupt nicht hold – es regnet, stürmt, ist ungemütlich – und so bleiben wir erstmal alle zu Hause und sagen unseren Crews ab. Vielleicht findet sich ja im August ein Ersatztermin für Gerlinde+Wolfgang und auch für Sebastian. 

Am Mittwoch (05. Juli) halten wir es dann aber nicht mehr aus und fahren nach Grömitz. Es liegt aktuell eine Sturmwarnung (inkl. Orkanböen) für Nord- und Ostsee vor und wir wollen lieber mal nach unserem Schiff schauen. An Bord angekommen zurren wir zuerst unsere Baumpersenning etwas fester und legen zusätzlich Leinen bereit. Das Gute: der Wind kommt aus Südwest, was für unseren Liegeplatz bedeutet, dass er fast genau von vorne aufs Schiff trifft. Wir liegen folglich relativ grade und können sogar – im Windschatten unserer Sprayhood – im Cockpit sitzen. Denn die Sonne läßt sich vom stürmischen Wind nicht beirren und tut ihr Bestes. Könnte schlimmer sein. Aber es ist ja auch erst 15.00 Uhr und „nur“ 25 Knoten Wind (6 Bft.) im Hafen. Der Höhepunkt des Sturmtiefs ist mit bis zu 55 Knoten (10 Bft.) für 20.00 Uhr vorhergesagt. Und bis dahin wird auch der Wasserstand ordentlich gesunken sein, da der Wind das Wasser aus der Lübecker Bucht herausdrückt. Auch dafür gibt es Vorhersagen: bis 24.00 Uhr ca 70-80cm weniger Wasser!    https://www.bsh.de/DE/DATEN/Vorhersagen/Wasserstand_Ostsee/wasserstand_ostsee_node.html

Bei solch einem Wind will man nicht unterwegs sein. Es zeigt sich allerdings im Laufe des Tages, dass der Wind doch nicht ganz so heftig wird, wie vorhergesagt – jedenfalls nicht bei uns im Hafen. Wir können „nur“ ca. 35kn Wind = 8 Bft messen. 

Am nächsten Morgen hat sich der Wind etwas beruhigt, schickt allerdings immer mal wieder ordentliche Böen vorbei. Vom Steg müssen wir allerdings einen Schritt nach unten auf unser Schiff machen: der Wasserstand ist noch 70cm niedriger als normal. Das ändert sich allerdings über den Tag und alles ist wieder gut.

Am Freitag, den 07. Juli 2023 starten wir dann aber, mit einer Woche Verspätung, in unseren zweiten Törn gen dänische und schwedische Gewässer. Der Wind ist uns jetzt hold uns so kommt sogar unser Leichtwindvorsegel, der Code Zero, zum Einsatz. So lieben wir das… bei 5-8 kn Wind mit 5-6 kn Geschwindigkeit unterwegs sein. Genial

Unser Plan, wieder als kleine Flotille unterwegs zu sein, wird in Heiligenhafen in die Tat umgesetzt: am Abend stößt die „Skrållan Anders“ zu uns und Mathias konnte Ersatzcrewmitglied Sebastian wenigstens ein kurzes Segelvergnügen bieten. Vorher nutzen wir allerdings die Gelegenheit, endlich mal mit unsern Freunden Angelika+Ferdi – das sind die lieben Menschen, die uns in Heiligenhafen immer zuverlässig einen Liegeplatz reservieren – lecker Essen zu gehen, und uns mit dieser Einladung angemessen für ihre Hilfsbereitschaft zu bedanken. Wir haben einen netten Abend (bei „Tamatsu“ am Hafen) und die Beiden haben ein Lokal kennengelernt, von dem sie immer dachten: asiatisch ist nichts für uns. Falsch… sie haben schmackhafte Gerichte auf der Karte gefunden.

Am Samstag (08.07.23) haben wir dann wieder unseren gewohnt frühen Startrhythmus inne: um 07 Uhr heißt es „Leinen los“. Doch erst verabschieden wir uns von der Skrållan Anders-Crew. Wir werden sie in Bagenkop wieder treffen.

Erst heißt es aber, den Segeltag genießen. Der passende Wind läßt uns erneut den CodeZero nutzen. Raumer Wind (schräg von hinten) und wenig Welle helfen dabei, uns mit bis zu 8 kn Geschwindigkeit gen Dänemark rauschen zu lassen. Kann das denn nicht immer so sein? Aber ich verstehe… dann würden wir es vermutlich nicht mehr richtig zu schätzen wissen. Einige wenige Segler sind zu der frühen Stunde ebenfalls gen Bagenkop unterwegs und wollen damit, wie wir, vor der vermutlich am späten Nachmittag einlaufenden Welle von Charterschiffen im Hafen sein. Samstags ist, wie ja auch in Hotels, Betten- bzw. Crew-Wechsel und Bagenkop wird gerne als einer der ersten dänischen Häfen von Heiligenhafen aus angelaufenen. 

Und es kommt, wie erwartet: ab späten Nachmittag füllt sich der Hafen bis fast auf den letzten Platz. Gut, dass wir frühzeitig gestartet sind und uns somit ganz entspannt einen passenden Liegeplatz aussuchen können… der nachmittägliche Kampf um freie Plätze ist nicht so unseres. Da der Wind richtig steht, nutzen auch ungewöhnlich viele Segler die Chance, in der Bucht vor dem Hafen zu ankern. Das ist deutlich angenehmer, als geknubbelt im Päckchen zu liegen. Abends gibt es dann sogar Livemusik am Hafen… es ist Hochsaison.

Ein spät einlaufender Segler sorgt dann noch für erhöhten Adrenalinspiegel bei uns: er steuert schnurstracks auf uns zu und will sich längsseits legen. Kein fragen, kein nettes „Hallo“, einfach nur: „ich komm dann mal zu euch längs“. Das wäre theoretisch möglich, da wir in der Reihe der Liegeplätze die äußerste Box belegt haben. Allerdings würde ihn der Wind gegen uns treiben, wir hätten ein ewiges geknartsche der Fender, der Typ ist einfach extrem unfreundlich und… es sind noch Boxenplätze frei, die für ihn passen. Er regt sich lauthals auf, dass wir ihm ein Festmachen verweigern und spricht von fehlender Seemannschaft. Allerdings gehört da auch zu, dass man nett fragt, denn es soll ja für alle angenehm sein. Er zieht verärgert ab und, oh Wunder, macht in einer freien Box fest. Was für ein Blödmann. Laut auf dicke Hose machen klappt bei uns nicht. 

Am Sonntag (09.07.23) machen wir uns, nach einer vorabendlichen Steuermannsbesprechung mit beiden Crews, auf den Weg nach Svendborg im Süden Fünens. Die Wettervorhersage hat für Montag kräftigen Regen angekündigt, da wollen wir lieber in einem größeren Ort sein. Und Svendborg ist, nach Odense, die zweitgrößte Stadt auf Fünen. Es wird wieder ein schöner Segeltag, allerdings ob einiger engen Fahrwasser zeitweilig auch unter Motor. Im Svendborgsund muss der Motor dann ordentlich arbeiten: wir haben kräftige 2,5 – 3Kn Strömung, was allerdings sehr häufig so ist. Stürmischer Wind kann die Strömung noch kräftig beschleunigen, sodass sie 5-6 Knoten betragen kann. Die Strömung hier im Sund ist Fluch und Segen zugleich, man muß halt nur in der richtigen Richtung unterwegs sein, denn der Strom kippt alle 6 Stunden. So kommt man manchmal auch in den Genuß einer rauschenden Fahrt durch die sehenswerte Umgebung mit viel Grün, hübschen Häusern und kleinen Anlegestellen – diese allerdings meist privat.

Für Svendborg wählen wir den Stadthafen. Es gibt zwar umliegend einige nette weitere kleine Häfen, diese sind aber oft von einheimischen Booten belegt und im Stadthafen gibt es keine Dauerlieger, alle Plätze sind für Gäste vorgesehen. Kaum biegen wir in den Stadthafen ab kommt uns schon der Hafenmeister in seinem gelben Schlauchboot entgegen… wir ahnen böses. Aber nein, alles ist gut. Nicht, wie im letzten September, als der Hafen komplett voll und nur für Teilnehmer der großen Einhandregatta „Silverrudder“ gesperrt war. 

Heute sortiert er nur ein wenig vor und gibt Kollegen an Land Hinweise, damit diese an den entspr. Anlegestellen hilfreich zur Hand gehen. Bei der auch im Hafenbecken herrschenden kräftigen Strömung ist das ggf. sehr hilfreich, denn es kommt manchmal zu erlebnisreichen Anlegemanövern, wenn man die Strömung unterschätzt und dann plötzlich an einem Platz landet, den man nicht angesteuert hat.  Am Samstag muss es brechend voll gewesen sein, denn die Hafencrew versucht, die Schiffe möglichst eng aneinander zu legen, was uns natürlich nicht sehr behagt. Wir finden aber einen genau für unsere Breite passenden Platz und sind dann quasi sicher vor „Feindberührungen“. Ab späten Nachmittag zeigt sich, dass es heute wohl doch nicht so voll wird und die Hafencrew macht zeitig Feierabend. 

Der nächste Tag bringt den erwarteten Regen – gut, dass wir schon am Vorabend unsere Kuchenbude aufgebaut haben. Das morgendliche Aufstehen wird auf eine regenfreie Zeit verschoben: es ist folglich ausschlafen angesagt. Auch mal schön! Später am Tage wird es dann wieder ganz nett und wir wandern ein wenig durch die Stadt, um kleinere Besorgungen zu machen. Unser Lieblingsrestaurant „Resume“ hat leider Sonntags und Montags Ruhetag, sodaß wir mal wieder den heimischen Kühlschrank bemühen.

Nun aber mal wieder ein Stück weiter: am Dienstag (11. Juli) heißt unser Zielhafen Lundeborg an der Ostküste Fünens. Dort wollen wir abends nett gemeinsam grillen, denn Mathias, der Skipper der Skrållan Anders, hat Geburtstag. Das heutige Ablegen hat etwas längere Zeit in Anspruch genommen, da die beidseits neben uns liegenden Schiffe ihre Leinen über unseren Leinen festgemacht hatten und wir daher etwas fummeln müssen, bis wir frei sind. Und als wir nun so aus dem Hafen tuckern sehen wir, dass unsere andere Flotillen-Hälfte ebenfalls schon unterwegs ist. Das ist die Gelegenheit, um Mathias schon unterwegs ein Geburtstagsständchen zu bringen. Beim Vorbeifahren – wir geben einfach mal etwas Gas und überholen ihn – gibt es „Happy Birthday“ aus voller Kehle mit Akkordeonuntermahlung. So kann ein schöner Tag beginnen und wir hoffen, damit Mathias eine kleine Freude gemacht zu haben.

Nach einer relativ kurzen Tagesetappe finden wir in Lundeborg die besten Plätze überhaupt: längs an der Mole und direkt vor einem Grilltisch. Und schon sind wir mit Champagner bereit, den Geburtstag gebührend zu begehen. Das Geburtstagskind ist reichlich damit beschäftigt, telefonische Glückwünsche anzunehmen und strahlt mit der Sonne um die Wette. 

Am späten Nachmittag richten wir den Esstisch her und da dieser direkt neben einer Stromsäule steht entscheiden wir, unser Grillfleisch auf dem Optigrill zuzubereiten. Warum erst alle Grillutensilien zum weiter entfernten Holzkohlegrill tragen oder den eigenen kleinen Cobb-Grill anfeuern? Der Opti macht das hervorragend, wenngleich wir bei einem Stück Fleisch feststellen, dass er nicht nur sagt: „rare“ oder „medium“ sondern auch „es könnte verbrannt sein“. Ganz neue Töne. Nun ja… ist passiert… wir hatten uns verquatscht – Fleisch hat aber noch geschmeckt. 

Rechtzeitig vor einer sich mit tiefdunklen Wolken ankündigenden Regenfront räumen wir den Grilltisch ab und verlagern die Geburtstags-Feier auf die Pilgrim. Heftige Regengüsse und Gewitterdonner halten uns allerdings nicht davon ab, lauthals maritime Lieder zu singen und einen lustigen Abend zu verbringen. Wir stören niemanden, alle anderen Gäste-Crews sitzen ebenfalls unter Deck und haben sich eingeigelt. Kurz vorm zu-Bett-gehen erfolgt der übliche Blick in die verschiedenen Wettervorhersagen: vermutlich können wir wieder ausschlafen, denn für die Nacht bis in den späten Mittag des nächsten Tages sind wieder Gewitter und immer wieder Regen angesagt. Ist irgendwie verhext. Aber wir liegen gut und machen es uns schön.

Am Freitag (14.07.23) geht es endlich weiter. Die dunklen Wolken, gespickt mit viel Wind, Regen und dem einen oder anderen Gewitter, haben sich – vorerst – verzogen und bescheren uns einen schönen Segeltag. Da wir beiden Flotillen-Crews zu unterschiedlichen Zeiten wieder im Heimathafen sein wollen/müssen, trennen wir uns in Lundeborg schweren Herzens und legen unterschiedliche Kurse an. Es war eine richtig schöne Zeit!

Unser Kurs führt uns wieder durch den Svendborgsund, allerdings herrscht heute kaum Strömung und wir kommen gut voran. Wir motoren allerdings durch das sich durch den Sund schlängelnde Fahrwasser, denn segeln klappt immer nur ein kurzes Stückchen. Dann ist, wegen Landabdeckung entweder gar kein Wind, das Fahrwasser viel zu eng zum gegen den Wind ankreuzen, oder oder… 

Erst Ausgangs des Sundes genießen wir das Segeln… bis wir plötzlich über Kanal 16 angefunkt werden. Der UKW-Kanal 16 ist der internationale Not- und Sicherheitskanal, der immer abgehört werden muss, wenn nicht gerade auf einem anderen Kanal kommuniziert wird. Kalli meldet sich sofort: “wer ruft Pilgrim?“ und bekommt als Antwort: „Hallo Karlheinz! Hier spricht Peter.“ Die beiden wechseln auf einen anderen Kanal und es stellt sich heraus, dass Peter uns gerade mit seinem Motorschiff überholt hat. Wir haben ihn dabei allerdings nicht erkannt, denn wir kennen ihn nur mit Segelschiff. Wir hatten 2016 eine nette gemeinsame Mittsommer-Zeit auf Hanö (Hanöbucht/ Südostküste Schwedens) und in Simrishamn. Jetzt hat er auf Motorschiff gewechselt und tingelt, wie wir, durch die dänische Inselwelt. So klein ist die Welt. Sein Ziel ist, wie unseres auch, Fåborg an der Südwestküste Fünens. Nachdem wir uns dort in eine etwas enge und kurze Box gefummelt haben, treffen wir uns auf einen kleinen Klönschnack.

Anschließend geht es noch auf einen kleinen Rundgang durch Fåborg.

Stay tuned and keep watching

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