Sommer-Wetterfrust und was doch so geht…

Alle, die auf Berichte von einem weiteren 2-4-Wochen-Törn gewartet haben, müssen wir enttäuschen. Den haben wir uns abgeschminkt… das Wetter ist so unberechenbar, die Segeletappen so wenig planbar, da helfen auch die besten Vorhersagen nicht wirklich. Also nicht, dass man nicht segelnd unterwegs sein könnte, das nicht (Regenkleidung bereitlegen, nicht vergessen!). Aber alle 60-90 Minuten muss mann auf etwas neues gefasst sein. Erst schöner Wind und strahlende Sonne, dann einige dekorative Wolken am Himmel, die allerdings teils viel Wind, teils aber auch heftigen Regen im Gepäck haben. Heute kaum Wind von West, morgen heftig aus Ost… und manchmal eben doch auch anders. Ein plötzliches Gewitter mischt sich auch gerne mal dazwischen. Eine leidlich verlässliche (wenigstens 3-Tage-)Planung ist in diesem Jahr nicht möglich. 

Nun ja, wir klagen auf hohem Niveau und genießen eben den einen oder anderen (kurzen) Segeltag vor Grömitz‘ Haustür… immer bereit, uns bei aufziehendem Gewitter rechtzeitig im Hafen zu verkrümeln. Das führt aber auch dazu, dass wir doch recht häufig wieder nach Hause fahren und lieber einige Tage zu Hause genießen. Da haben wir es ja auch schön.

Und dann, man glaubt es kaum, gestaltet sich die Wind-und Wettervorhersage zu Septemberbeginn ein wenig stabil: wir wollen endlich doch nochmal wieder woanders hin! Wenigstens ein ganz wenig. Nicht immer nur Heimathafen! Zu Beginn der Schönwetter-Segel-Woche (später zeigt sich, das Wetter hält wirklich nur für fünf Tage) haben wir Besuch von Freunden an Bord. Allerdings wird unsere Segel-Euphorie von plötzlich aufziehenden Nebelfeldern ausgebremst: nach dem gemeinsamen Bord-Frühstück ist dicke Suppe. Das Ablegen wird etwas verschoben und die Zeit mit ein wenig Knotenkunde für die Landratten genutzt. Doch dann geht es los. Das Ablegen klappt, dank guter Einweisung, sehr gut und schon sind wir unterwegs. Allerdings zieht es sich, kaum haben wir die Segel oben, wieder zu und das Nebelhorn muss her. Um uns herum wird auch fleißig getutet und es ist schon eine seltsame Stimmung. Wie immer bei Nebel. Also gut Ausschau halten und auf Schallsignale achten! Die Sicht schwankt zwischen 50 und 300 Metern… und irgendwann verzieht sich der Nebel. Es ist guter Segelwind, nicht zu viel Welle und so haben wir eine schöne Zeit… die mit einem leckeren Einlaufdrink belohnt wird. Sibylle und Olaf haben es genossen, können jetzt von einer Erfahrung mehr berichten und ihren restlichen Urlaub an der Ostseeküste weiter genießen.

Am nächsten Tag (Freitag, 08.09.23) – die Wettervorhersage ist weiterhin ungewöhnlich stabil – starten wir gen Osten: endlich mal wieder nach Timmendorf/Poel. Nach einer sehr entspannten Etappe, allerdings zeitweilig mit Motorunterstützung, finden wir einen genialen Liegeplatz in dem kleinen Hafen: längs an einem neu errichteten Steg neben der Lotsen-Anlegestelle. Den alten Steg haben wir als recht baufällig in Erinnerung und es hat sich, laut Hafenmeister, ein Sponsor für einen neuen Steg gefunden. Schön für uns. Und auch die Ansage des Lotsen gefällt uns: „Hängt bitte keine Fender raus, neben euch darf niemand mehr festmachen! Sonst können wir nicht gut an- und ablegen!“ Das gefällt uns gut. Wir hängen sofort ein rotes Schild an unsere freie Bordwand und ernten Applaus vom Lotsen. Und dann aber fix den Sonnenschutz aufbauen… die Sonne britzelt und der Wind ist eingeschlafen… wir schwitzen vor uns hin. So heiß müsste es nun auch nicht sein. Unser Thermometer sagt 34°C.

Wir treffen Stegnachbarn, „Krümel“ mit Moni+Thomas aus Grömitz, auf einen gemeinsamen Drink, genießen das Hafenkino und freuen uns, dass wir es doch nochmal aus Grömitz raus geschafft haben. Bis zum Abend hat sich der Hafen gut gefüllt – ganz ungewöhnlich, so spät in der Saison, aber zu erwarten, bei einem so sommerlich vorhergesagten Wochenende. Inzwischen gibt es an der ganzen Mole entlang neue Dalbenplätze. Bei unserem letzten Besuch vor drei Jahren gab es nur viele unterschiedlich breite Boxen zwischen sehr betagten Dalben… jetzt ist alles schick.

Der nächste Morgen begrüßt uns wieder mit blauem Himmel und herrlichem Segelwind… sogar passend für die Strecke zu unserem nächsten Ziel: Kühlungsborn. Dort sind wir auch schon min. drei bis vier Jahre nicht mehr gewesen und wollen uns mit Danae (unserem Flotille-Partner vom Juni-Törn) treffen. 

Der Wind ist zwar etwas unstet – weht mal mit nur 5kn, mal mit 10kn (2-3Bft) – aber wir genießen die Tour. Im Hafen, deutlich größer als Timmendorf/ Poel, sind reichlich Plätze frei. Hier gibt es keine Heckdalben, wie wir sie aus Grömitz kennen, sondern kleine schwimmende Fingerstege, zwischen denen immer zwei Schiffe festmachen. Wir finden eine solche – mit grünen Schildern als frei markierte – Doppelbox, denn wir wollen mit Danae nebeneinander liegen. Und kaum sind wir fest, fährt Danae in den Hafen. Klappt ja alles wie verrückt!

Schiff klarieren, umziehen – die Sonne britzelt wieder heftig – und auf zum gemeinsamen Bummel durch den Ort und zur örtlichen Brauerei. Nicht nur das hiesige Bier muss dringend die trockene Kehle erfrischen, sondern auch ein berüchtigter Schnaps – „Wurzelsepp“, gefährlich scharf und laut Karte „Bestellung nur auf eigene Gefahr“ – kommt auf den Tisch. Wir kennen ihn von früheren Besuchen und Valéria+André wollen es sich nicht nehmen lassen, ihn zu probieren. Tapfer! Und man glaubt es kaum: er schmeckt ihnen so gut, dass sie sogar eine Flasche mitnehmen! 

Abends hat man hier im Hafen eigentlich eine große Auswahl von Kneipen, Bars und Restaurants… doch wir essen lieber gemütlich an Bord und verquatschen uns anschließend bei André im Cockpit. Dort werden immer leckere Getränke serviert und wir bringen natürlich auch etwas mit. Was für ein gemütlicher Abend. Aber man merkt doch, dass es schon Herbst ist… als die Sonne sich hinter dem Horizont verabschiedet wird es rasch kühl. Aber nicht schlimm: auf Danae gibt es kuschelige Decken!

Am nächsten Tag, Sonntag, 10. September, soll es zurück nach Grömitz gehen. Und da wir dort ja unsere festen Liegeplätze haben, müssen wir auch nicht zeitig los, um einen freien Platz zu ergattern. Folglich ist ausschlafen angesagt. Doch auch ohne diesen Spät-Start-Plan währe ein Ablegen morgens um 09 Uhr nicht möglich gewesen: dicke Suppe überall… die Hafeneinfahrt ist verschwunden und sogar der Nachbarsteg, ca 50m entfernt, ist nur ganz vage zu erkennen. Dichter Nebel hüllt alles ein. In einer sternenklaren Nacht, ohne Wind (wie wir sie letzte Nacht hatten), strahlt der Erdboden Wärme ab und kühlt aus. Damit sinkt die Temperatur der bodennahen Luftschicht und erreicht den sogenannten Taupunkt. Der in der Luft enthaltene Wasserdampf kondensiert aus und es bildet sich Nebel, im Prinzip eine Wolke in Bodennähe. An eine Abfahrt ist erst ab ca. 13 Uhr zu denken. Da hat die Sonne zwar noch nicht wieder für optimale Sicht gesorgt, aber man kann weit genug schauen, um gefahrlos unterwegs zu sein.

Nach dem Auslaufen aus dem Hafen testen wir aber vorsichtshalber unser Nebelhorn. Es könnte ja sein, dass die Sicht doch nochmal deutlich schlechter wird. Also wird auch die Tafel mit den vorgeschriebenen Schallsignalen bereitgelegt, denn die unterschiedlichen Signale muss man ja nicht alle auswendig wissen. Wichtig ist, schnell nachschauen zu können, wenn man etwas hört, was man nicht kennt und zuordnen kann. Wir als Segelschiff – gemeint ist ein Schiff unter Segel – müssten alle 2 Minuten einen langen und zwei kurze Töne von uns geben. Langer Ton: 4-6 Sekunden, kurzer Ton: 1 Sekunde. Nur unter Maschine fahrend – dann sind wir ein Maschinenfahrzeug – reicht 1 langer Ton alle 2 Minuten. Es ist eben alles reglementiert. Aber dadurch hat man auch eine Vorstellung, was für Schiffe im Nebel so in der Nähe sind. 

Es wird nochmal ein richtig guter Segeltag. Die Windvorhersage bestätigt sich und wir können, bis auf die ersten 4sm unter Maschine (da kommt der Wind schwach direkt von vorne), flott segeln. Es ist zwar den ganzen Tag über nie wirklich klare Sicht sonder diesig, aber das hat dem Segeln keinen Abbruch getan. Der Wind bläst mit gemütlichen 3Bft. Mal von schräg vorne (wir segeln am Wind), dann dreht er etwas weiter im Uhrzeigersinn (er dreht recht: wir segeln mit Halbwind), und dann noch etwas weiter auf eine Richtung schräg von hinten (er kommt etwas achterlicher als dwarß: wir segeln mit raumem Wind – dies nur als eine kleine Erklärung für Landratten 🤓🤔💡).

Unterwegs meine ich, unseren Schiffsnamen über Funk gehört zu haben. Ein bewusstes Achten auf die immer mal zu hörenden Funksprüche bringt aber keine Bestätigung… ich habe mich wohl verhört. Doch irgendwann bin ich mir sicher: jemand ruft nochmal „Pilgrim“ über Funk. Ich melde mich und frage zurück und: „hallo Pilgrim, hier Inkognito“. 

Unser Freund Ulli, auf der Heimfahrt von seiner 4-monatigen Dänemark-Schweden-Åland-Finnland-Estland-Reise, ist in Funk-Nähe und hat uns auf seinem AIS entdeckt. Und sein heutiger Zielhafen ist Grömitz! Oh wie schön! Sein ETA (estimated time of arrival = vorraussichtliche Ankunftszeit) liegt etwa 1,5 Stunden nach unserer Ankunft in Grömitz und so können wir nach einem freien Liegeplatz für ihn Ausschau halten.

Wir erreichen abends in einem seltsam diffusen Licht der untergehenden Sonne unseren Heimathafen und einige Stegnachbarn trudeln ebenfalls noch ein – alle haben dieses herrliche Wochenende für einen kleinen, vermutlich letzten, Wochenend-Ausflug genutzt. Und alle konnten erst spät am Mittag zur Heimfahrt starten, da sich die gesamte deutsche Ostseeküste bis dahin im Nebel versteckt hielt. Ulli schleicht sich im Dunkeln in den Hafen, denn der Wind ist etwas eingeschlafen, er kommt nicht so schnell voran wie erhofft und die Sonne ist aktuell schon ab 19.39h zur Nachtruhe verschwunden. Mit einem herzlichen „Hallo“  legt er sich in die zwei Plätze neben uns freie Box und freut sich auf das vorbereitete Abendessen: wir servieren Nudeln mit Pesto, er bringt Salat, und dann wird bis spät in die Nacht erzählt. Wenn einer eine Reise tut…

Der nächste Morgen ist reichlich vernebelt – wegen wieder dichter bodennaher Wolken und langen nächtlichen Gesprächen 🥴.

Am Montagabend geht es dann wieder Heim, denn ab Dienstag soll das schöne Wetter erstmal für einige Tage vorbei sein. Kräftige Gewitter und wieder extrem heftige Regenfälle ziehen dann auch tatsächlich über ganz Deutschland. Ulli kommt glücklicherweise gerade noch rechtzeitig nach Fehmarn und bereitet sich dort auf das Auswassern vor. Dieser Termin steht uns erst Ende September bevor.

Stay tuned and keep watching

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