Weiter gen Schwedens Südküste

Etappen Gedser – Klintholm – Ystad – Skillinge – Simrishamn / 08. – 12. Mai 2024

In Gedser bleiben wir dann doch einen Tag länger. Viel Wind… richtig kalt… aber wenigstens sonnig. „Eigentlich“ richtig schön – jedenfalls für einen Ausflug zum südlichsten Punkt Dänemarks. Aber erst müssen diverse eMails verschickt werden und irgendwann ist wohl Raymarine endlich klar, dass ihr Produkt einen Austausch erfordert. Und nachdem das geklärt ist, machen wir uns auf zum „Brugsen“ (dem örtlichen Lebensmittelladen) und dann nach Gedser Odde, nicht nur Dänemarks, sondern Skandinaviens südlichstem Punkt. Dieser ist vom Yachthafen aus gut zu erreichen – jedenfalls mit unseren eScootern. Wir sind ja im Segel- und nicht im Wanderurlaub😜 An Gedser Odde befindet sich direkt an der Steilküste eine ehemalige Militäranlage aus der Zeit des kalten Krieges, die 2012 zum Informationszentrum umgebaut wurde. Die ca. 7m hohe Steilküste hat allerdings im heftigen Sturm am 20. Oktober 2023 sehr gelitten und sogar das Infogebäude wurde stellenweise unterspült. 

Nachdem wir zurück an Bord sind befassen sich Kalli und Ulli nochmal mit unseren Seekarten-Plottern und bringen – jedenfalls einen der beiden – wieder zum Laufen. Aber der Verkäufer ist ja mobilisiert und auf der Suche nach einem Ersatzgerät inkl. Monteur zum Einbau. Warten wir’s mal ab.

Der nächste Tag bringt bestes Segelwetter und strahlenden Sonnenschein. Also auf gen Klintholm. Unterwegs große Freude bei Kalli: wir überholen – unter Segel! – eine Halberg Rassy 43. Sie fährt den gleichen Kurs wie wir, aber Pilgrim ist schneller!!! Da hat sich der Segeltrimm (man kann auch „gezuppele an den Leinen“ sagen) doch gelohnt. Nachdem wir den Segler überholt haben, holt dieser frustriert seine Segel ein und macht den Motor an 😛 Und anschl. gleich nochmal große Freude: der Navigations-Übeltäter fällt wieder aus, aber das zweite Gerät läuft brav weiter. Kalli und Ulli haben also gestern alles richtig gemacht. Jetzt muss nur noch das defekte Gerät irgendwo und irgendwann ausgetauscht werden.

Klintholm, immer wieder gerne angelaufener Hafen an der Südseite der Insel Mön, hat jede Menge freie Liegeplätze… und seltsam hellblau-grünes Wasser. Ein bisschen Karibikflair kommt auf, wenn man die Temperaturen ausblendet. Auch hier hat der Oktober-Sturm 2023 kräftig gewütet: nicht nur das ganze Kraut und der Bewuchs am Meeresboden ist verschwunden – vermutlich daher die helle Meerwasser-Farbe: am Meeresboden nur Sand und keine dunklen Algen mehr – auch ein langer Steg mitten im Hafenbecken ist dem Sturm zum Opfer gefallen. Neues Material liegt schon bereit. Wenn der Steg allerdings nicht bis zur Segelsaison fertiggestellt wird, fehlen in diesem beliebten Hafen massig Plätze… dann möchten wir hier nicht einlaufen müssen.

Ein kurzer Spaziergang durch die Umgebung zeigt uns mal wieder die Vor- und Nachteile der frühen Reise: viele freie Liegeplätze, aber wenige geöffnete Restaurants. Und unser Lieblingsrestaurant „Hyttefaded“ gibt es leider garnicht mehr. Hier gab es die weltbeste knusprige Scholle direkt aus der Gußpfanne. Also unverrichteter Dinge zurück an Bord und dort die Salatbar 😜 geöffnet. Ist ja auch viel gesünder 🥗🥒🍅 Wir genießen den schönen Sonnenuntergang und dann geht es heute mal früh in die Koje, denn morgen haben wir eine für uns lange Strecke vor uns. Wir sind ja eher Freunde von Etappen von 25-35 sm Länge, was für uns etwa 5-6 Reisestunden bedeutet. Bis zu unserem nächsten Ziel sind es aber 57 sm.

Um 05 Uhr klingelt der Wecker. Schnell nochmal die Windvorhersage checken: alles paßt. Um 06 Uhr sind die Leinen los und wir auf dem Weg nach Schweden: Ystadt soll der nächste Hafen heißen. Die Kreidefelsen von Möns Klint verabschieden uns, leuchtend angestrahlt von der Sonne vor blauem Himmel, und dann geht es 9 Stunden geradeaus. Eine etwas langweilige Strecke: lange kein Land in Sicht, keine navigatorischen Schwierigkeiten, keine zu umfahrenden Untiefen, einfach nur geradeaus. Immerhin ist das Wetter angenehm und keine blöde Welle, wie im September 2022 bei unserem letzten Trip über diese Strecke. Der Wind ist zwischendurch sogar passend für unseren Code Zero, unser extra großes Vorsegel. Endlich kann das große Tuch mal aus dem Winterschlaf geweckt werden und sich zeigen.

Segeln können wir dann leider nicht sehr lange, denn dem Wind ist auch langweilig. So muss unser Motor wieder ran, damit wir nicht erst nach 20 Stunden in Ystad ankommen. Zeit zum Lesen… Stricken… Dösen. Und dann doch noch etwas zum Aufpassen: wir queren eine große Schifffahrtslinie und müssen uns mit dicken Frachtern auf dem Weg ins Baltikum und Schnellfähren (Linie Trelleborg-Swinemünde) arrangieren. Als die Gefahrenstelle passiert ist, macht Kalli ein Nickerchen und ich kümmere mich weiter um das erste Strick-Stück: Socken sollen es werden.

Dann kommt endlich Land in Sicht. In dem inzwischen etwas diesigen Wetter kann man Schwedens Küste nur erahnen. Und sie kommt nur quälend langsam näher, denn leider bildet die Süd-Küste Schwedens hier eine sanfte Bucht aus und so fährt man und fährt und irgendwie geht es nicht voran. Und Ystad liegt natürlich am tiefsten Punkt der Bucht. Doch natürlich ist es irgendwann geschafft und der uns gut bekannte Hafen ist erreicht! Auch hier sind noch einige Winterschäden zu verzeichnen: gebrochene Schwimmstege und Versandung im Hafenbecken… es schwimmt ein Bagger vor dem langen Steg, an dem wir so gerne längsseits liegen. Aber egal, genügend andere Plätze sind frei und wir auch schnell fest. Hallo Ystad, 💁‍♀️💁‍♂️ hallo Schweden 🇸🇪 wir sind wieder mal da!

Als erstes geht es zum Hafenmeisterbüro: keiner da. Mist. Und auch keine Öffnungszeiten angeschlagen. Doppelt Mist. Da heute Christi Himmelfahrt und auch in Schweden ein Feiertag ist, erreichen wir telefonisch natürlich niemanden. Wenn es nur um die Bezahlung der Hafengebühr ginge, wäre das ja nicht so schlimm, aber wir warten auf Post. Wichtige Unterlagen des schwedischen Seglerverbandes (unsere Legitimation zum Anlegen an den blauen Ankerbojen) sollen für uns hier zum Hafenmeister geschickt werden. Wir haben die ersehnte und jährlich neue Flagge zwar nach Hause geschickt bekommen, aber in diesem Jahr leider so spät, dass wir sie nicht mehr in Empfang nehmen konnten. Wir waren schon auf dem Wasser und die Flagge liegt jetzt brav zu Hause. 

Nicht ärgern… alles wird sich finden… wir sind jetzt im Urlaubsmodus! Am nächsten Tag ein neuer telefonischer Versuch: Kalli wird von einer Mitarbeiterin der Ystad-Stadtverwaltung an einen Hafenmitarbeiter weitervermittelt… von dem wiederum an einen anderen Kollegen… und dieser kommt sofort zum Hafen und schaut im Briefkasten nach. Der langjährige Hafenmeister hat nämlich heute frei… Brückentag! Und Liegegebühr bezahlen kann man über einen Automaten. Aber dass schnell jemand kommt, ist doch mal supernett, auch wenn Tommi Gerhard (Feuerwehrhauptmann, Biker, und überhaupt sehr mitteilsam) keine Post für uns findet. Wir gehen folglich erstmal in unseren hiesigen Lieblingsladen: einen genialen Schiffsausstatter – irgendetwas braucht/ findet man ja immer. Und so auch heute. Prima! So ist der Tag doch schon gerettet. Und da es nun grad so gut läuft, gleich noch was Positives: am Nachmittag kommt unsere Post an. Große Freude! Darauf gönnen wir uns ein leckeres Abendessen „mit Kellner“ und anschließend einen gemütlichen Abenddrink gemeinsam mit Traude und Ulli, die mit ihrer Jane Doe auch in Ystad Station machen. Wie schön!

Nach der letzten langen Tagesetappe soll die nächste etwas kürzer werden und so machen wir uns auf den Weg – grad um Ecke der schwedischen Südküste – nach Skillinge. Ein kleiner Hafen, aber mit einem großen Werftbetrieb und somit auch bei schlechtem Wetter mit viel Platz zum manövrieren. Und… vermutlich kaum Gästeboote, denn die Allermeisten fahren wenige Seemeilen weiter bis nach Simrishamn. Dieser Ort ist mit 6.000 Einwohnern zwar nicht sonderlich groß (Ystad ca. 19.000, Skillinge ca. 970), aber für einen ggf. längeren Aufenthalt etwas attraktiver als Skillinge. Uns gefällt es aber gut hier. 

Daher also nach einer Fahrt – leider unter Motor – durch erst trübes Wetter, dann sogar Nebel, nach Skillinge. Unterwegs rauschen einige Segelyachten, die wir schon in Ystad getroffen haben, an uns vorbei. Diese allerdings mit Vollgas, quasi „Hebel on the table“. Wir gleiten lieber gemütlich mit 5-6 Knoten durchs Wasser, da macht die Maschine wenig Krach und wir können die Zeit auf dem Wasser genießen. Dann wird es aber doch ein wenig spannend, denn dichte Nebelfelder versperren uns die Sicht. Kein Problem, Radar an. Aber: kein Bild, Radar läuft nicht. Häh??? Kalli macht sich auf die Fehlersuche und durch den kürzlichen Bastel-Crashkurs bei Ulli wird er auch bald fündig. Und schon zeigt das Radar brav, was es soll, nämlich die Küstenlinie (die sich weiterhin im Nebel versteckt) und ein Fahrzeug, das uns offensichtlich entgegenkommt. Na bitte… geht doch. Kurz vor dem Hafen klart es auf und wir tuckern gemütlich in den Hafen. Die „Raser“ sind, wie schon vorher vermutet, alle weiter nach Simrishamn gefahren.

Nach einem verdienten Heißgetränk – es war unterwegs nämlich richtig kalt und ungemütlich – schlendern wir durch die kleinen Gassen und erkunden den Ort. Überall (bis auf die Durchgangsstraße) knubbeliges Kopfsteinpflaster, niedliche Häuschen, kleine Innenhöfe und: eine Eisbude! Endlich ein erstes schwedisches Eis… passend dazu verziehen sich die letzten Wolken. Besser geht es kaum. Zurück an Bord genießen wir die wärmende Sonne im Cockpit. 

Dann ist Sonntag (12.Mai) … Sonnentag… Sommerfeeling. Der dicke Fleecepulli kann im Schrank bleiben, dafür darf die Sonnenbrille raus. Wind ist keiner. Macht aber nichts, denn wir haben eh nur eine kurze Etappe vor uns. Heute geht es nämlich auch für uns nach Simrishamn. Unterwegs kommen wir an einem kleinen Hafen vorbei, den wir schon immer mal anlaufen wollten: Brantevik. Jetzt, bei dem ruhigen Wetter, ist der ideale Zeitpunkt, eine kleine Hafenrundfahrt zu unternehmen. Also abbiegen und hinein… und dann schnell wieder raus. Es ist nicht wirklich viel Platz für Gäste. Die ausliegenden Heckbojen zum Festmachen eines Schiffes sind eher für 5m-Boote gedacht als für unsere Größe und überhaupt macht alles einen etwas rödeligen Eindruck. Hier gefällt es uns nicht. Gut, dass wir das jetzt für die Zukunft wissen. Und an ein Einlaufen bei viel Wind ist schon garnicht zu denken.

In Simrishamn ist, wie erwartet, viel Platz. Beim Anlegen bekommen wir Hilfe von einem Segler, den wir schon in Ystadt getroffen hatten. Die anderen Segler (die uns gestern überholt hatten) sind schon wieder unterwegs unter voller Maschine. Sind die auf der Flucht? Vor wem? Dem schönen Wetter und der Sonne? Kaum angelegt, müssen wir nämlich erstmal warme Jacke und Schuhe ablegen… und den ersten GinTonic genießen! Heute ist Sommer und ohne den etwas kühlen Fahrtwind ist es angenehm warm. Und dann folgt die „Strom- und Hafengebührprozedur“: hier stehen an den Stegen kleine Stromsäulen, die von irgendwoher zentral gesteuert werden. Über Barcode einloggen, Schiffslänge und -namen eintippen, Strommenge wählen, ggf. auch Waschmaschine+Trockner buchen, bezahlen, Codenummer erhalten, diese eintippen und: Strom fließt. Tattah. Und die Codenummer paßt auch zum Sanitärgebäude. Also kein Gang mehr quer durch den Hafen auf der Suche nach Hafenmeister oder Bezahlautomat. Es gibt dann natürlich auch keinen farbigen Quittungs-Aufkleber für den Bugkorb🤷‍♀️ Alles zwar recht praktisch, aber auch irgendwie unpersönlich. Und ohne Smartphone kein Strom! Zur Ehrenrettung der Smartphone-Verweigerer und vermeintlichen Liegegebühr-Preller sei gesagt, dass es irgendwo versteckt noch einen Bezahl-Automaten gibt – für Menschen, die keinen Stromanschluss wollen/ brauchen.

Den Spaziergang durch den Ort halten wir etwas kürzer, denn soo schön ist es hier nun auch wieder nicht. Lieber gemütlich an Bord die Sonne genießen. Und abends das erste Mal Grillen und Essen im Cockpit. So kann man es aushalten. Sobald die Sonne abends untergeht – und dann unsere Flaggen eingeholt werden – ist es schlagartig wieder richtig kalt. Das Heizöfchen muß ran… schließlich wollen wir den gekauften Strom auch verbrauchen. Geld zurück bei Nichtgebrauch iss nich.

Und so läuft das Öfchen auf niedriger Stufe auch die Nacht über so vor sich hin… und wir haben es morgens zum Kaffee schön kuschelig. Zum Schiff mal kurz durchheizen macht dann Kalli aber doch die Schiffsheizung an (läuft über Diesel). Diese geht aber nach kurzer Zeit wieder aus. Schon wieder ein Defekt? Das kann doch aber wohl nicht wahr sein. Die Heizung ist schließlich über den Winter professionell gewartet worden! Glücklicherweise ist die Lösung schnell gefunden: die Morgensonne strahlt kräftig und wärmend auf den Temperaturfühler der Heizung und wärmt diesen auf 25°C auf. Ein schnell davor gestellter Schattenspender bringt Abhilfe und die Heizung läuft weiter. Manchmal ist die Lösung so einfach🤓

Dann aber los, Seekarten parat, warm anziehen, ablegen und auf einen schönen Segeltag nach Hanö freuen.

Stay tuned and keep watching

Kommentare:

One Response

  1. Ich bin sowas von dabei, deine Reiseberichte sind immer wieder, schön zu lesen.
    Weiterhin, ne‘ Handbreit Wasser unter’m Kiel
    Grüße von Norderney

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