24.08. – 03.09.2025
Grömitz
Die nächsten Tage in Grömitz vergehen wie im Flug: es stürmt ordentlich. Aber wenigstens läßt sich die Sonne zwischen den umhereilenden Wolken immer mal blicken. Doch der Wind sorgt für Abkühlung und wir müssen schon wieder zur Jacke greifen. Schade.
Zwei Tage nach unserer Ankunft werden die neuen Batterien für das Bugstrahlruder geliefert und eingebaut. Warum müssen diese Dinger eigentlich immer so schrecklich schwer sein? Egal, ob randvoll geladen oder leer 🧐 … sie werden einfach nicht leichter. Energie scheint nichts zu wiegen 😉. Gerade beim Herausheben aus dem engen Fach im Vorschiff muss sich Michael, der dies netterweise für Kalli erledigt (für Kalli mit seinem Rücken wäre das überhaupt nix 😖), ordentlich quälen. 31kg sind schon ne Nummer. Und das auch gleich zwei Mal 🥵 Aber es hilft nichts – Zähne zusammenbeißen, verrenken und hoffen, dass der Rücken hält.
Dann noch schnell die Batterien anschließen, die Schutzkisten verschließen, alle Sicherungen rein… dann kommt der spannende Augenblick: das Bewegen des Schalthebels am Steuerstand bringt das Bugstrahlruder kräftig zum Brummen und zaubert ein zufriedenes Lächeln auf das Gesicht des Skippers. Kalli ist glücklich… „Kann ich es noch einmal brummen lassen?“ … fast wie ein Kind, mit einem neuen Spielzeug, steht Kalli am Bedienhebel. Und jetzt im Nachhinein hört man auch deutlich, dass sich das Ende der Batterien schon seit längerem angekündigt hat. Doch wenn jeden Tag das Brumm-Geräusch nur ein gaaanz wenig anders ist als am Vortag, bekommt man die Veränderung einfach nicht mit. Doch nun klingt es wieder deutlich energischer.


Jetzt muss sich nur noch die Windlage für uns günstig entwickeln, dann können wir noch etwas unterwegs sein. Halt Stopp: vorher noch zu einer Haus-Einweihungsparty in der Nähe von Grömitz. Da hatten wir uns schon zu Reisebeginn abgemeldet, doch jetzt sind wir ja da… und gehen natürlich gerne hin.
Und dann plötzlich, wie aus heiterem Himmel, überkommt mich ein schrecklicher Anfall. Ein Putzanfall, wie er im Buche steht. Da hilft keine Medizin… ich muss einfach warten, bis er wieder vorbei ist und in der Zwischenzeit kräftig Wasserschlauch, Putzschwamm und Bürste schwingen. Das Teakdeck bekommt endlich mal wieder eine wohlverdiente Reinigung. Kalli kennt diese Anfälle. Einfach gewähren lassen und am besten aus dem Weg gehen. Das funktioniert am sichersten, wenn man einfach das Schiff verläßt. Und so wandert Kalli mit unseren Fendern zum Hafenmeister, um sie mit zusätzlicher Luft zu versorgen. Beim Durchzählen melden sage und schreibe 15 (!) Fender Ansprüche an und so muss Kalli mehrfach gehen. Und auch der Kleinste – nur zum Abfendern unseres an der Reling montierten Elektro-Außenborders im Einsatz – wird befüllt. Und das ist noch nicht alles: im Anschluss werden sie auch noch geputzt!



mussten dran glauben




Drei Tage lang wird geschrubbt, was das Zeug hält – Segelwind ist eh keiner. Flaute aus allen Richtungen🤷♀️. Glücklicherweise finde ich rechtzeitig in den Tiefen unserer Putzmittelkiste noch einen Satz Knieschoner, sonst wäre die Aktion bestimmt mit mehr Blessuren als nur zwei aufgescheuerten Zehen ausgegangen. Am Ende glänzt das Schiff fast wie frisch vom Stapel gelassen. Es ist schon erstaunlich, wie ein sauberer Plankenboden das Lebensgefühl an Bord hebt – fast so, als hätte auch das Schiff wieder neue Energie getankt. Aber keine Sorge… Überschuhe muss man jetzt beim Betreten unseres Schiffes nicht anziehen.
Am letzten Tag der Putzaktion belohnen wir uns mit leckeren warmen Sandwiches vom Hafencorner, dem Frühstücks-, Kaffee- und Snack-Versorger im Hafen. Die sind einfach unübertroffen lecker und jeden €uro wert!



(Sch)wund ist immer
Da schon seit Jahren am letzten Freitag im August – in diesem Jahr am 29.08. – in Grömitz das große Feuerwerk „Ostsee in Flammen“ gezündet wird, füllt sich nicht nur die Promenade mit Gästen, sondern langsam auch der Hafen mit Schiffen. Und auch unser Freund Ulli wählt Grömitz auf der Heimfahrt vom Schweden-Törn zu seinem Heimathafen als Zwischenziel aus. Eigentlich hatten wir vor, Ulli ein wenig entgegen zu segeln. Doch der Wind war gegen uns und einen Kurs gen Kühlungsborn. So freut es uns sehr, dass wir uns stattdessen in Grömitz treffen. Kalli setzt alles daran, für Ulli einen Liegeplatz zu organisieren. Das erweist sich zwar als garnicht so einfach, denn es sind wirklich schon viele Gäste-Schiffe im Hafen… in dem einen oder anderen Bundesland sind noch Ferien. Doch Kalli bleibt hartnäckig und sein guter Draht zum Hafenmeister beschert uns – bzw. Ulli – zu guter Letzt einen prima Platz, und das auch noch dicht neben uns. Das Hallo und die Freude sind groß und beim gemeinsamen Abendessen gibt es viel zu erzählen. Und wir können Ulli endlich ein kleines verspätetes Geburtstagsgeschenk überreichen… unseren quasi materialisierten Getriebekobold🤡. Ich hatte mal wieder Spaß an etwas Handarbeit und habe unseren kleinen Störenfried in gehäkelter Form nachgebildet. Fein säuberlich gehäkelt versteckt sich nun der kleine Kobold wieder bei uns an Bord – natürlich rein symbolisch und in eine Tüte gepackt – denn nach den ganzen Reparaturen ist bei uns am Schiff jetzt wirklich alles in bester Ordnung. Deshalb hat der Kobold auch keinen Job mehr. Aber keine Sorge, das heißt natürlich nicht, dass er sich jetzt ausgerechnet Ulli als neue Wirkungsstätte aussuchen soll – im Gegenteil, wir wünschen Ulli eine absolut störungsfreie Weiterfahrt! Der Getriebekobold kommt einfach als Erinnerung an alte Pilgrim-Bastel-Zeiten und als kleiner Glücksbringer auf sein Schiff.



Apropos Feuerwerk: Grömitz war am Feuerwerks-Wochenende tierisch voll – das muss man schon wirklich mögen. Ein einziges Gedränge auf der Promenade. Es sollen über 50.000 Gäste zu dem Event angereist sein. Viele Bootfahrer haben vor der Seebrücke, von wo aus das Spektakel gezündet wird, geankert, um einen guten Blick zu haben. Wir sind lieber Mathias‘ Einladung zu sich an Bord gefolgt und mit dem Schiff im Hafen geblieben. Von da aus hatten wir auch einen tollen Blick, kein Gedränge und nette Gesellschaft… und Getränke frei 😉. Und das Feuerwerk… naja. Wir sind uns einig: das hatten wir schon besser. Da muss Grömitz im nächsten Jahr mal etwas nachlegen, um als eine der beliebten Feuerwerksveranstaltungen an der Ostsee zu bestehen. Und damit meine ich nicht noch mehr Trubel und seltsames Volk auf der Promenade!




Und da Ulli unser geputztes Teakdeck sofort aufgefallen ist, mache ich ihm eine kleine Freude und begebe mich samt Schrubber und Schwamm – allerdings diesmal ohne Knieschoner – auf sein Schiff und verpasse auch seinem Teak eine kleine Wellnesskur. Glücklicherweise hat er nicht ganz so viel Holzbelag auf seiner „Jane Doe“ und so bin ich mit dem Putzen bald fertig. Etwas Unterstützung bekomme ich von einem Pflegemittel, dass uns mal ein Schiffsausrüster in Ystad empfohlen hat: „Cleaner+Brightener von Owatrol“. Es löst offensichtlich alten, tiefer sitzenden Dreck etwas an und hellt im Anschluss das Holz auch ein wenig auf. Funktioniert einfach hervorragend! Es macht richtig Spaß, damit zu arbeiten… auch auf fremden Schiffen. Und da ich nun schon mal in Schwung bin, bekommt auch Mathias’ „Skrållan Anders“ noch eine kleine Kur. Aber bitte nicht nachfragen: weitere Aufträge werden nicht angenommen.



Skrållan Anders
Offenbar habe ich mit meinem Eifer einen Funken überspringen lassen, denn auch Ulli lässt sich anstecken: eine unserer Decksluken, die sich stur immer von selbst schließt und nur mit Abstandhalter offen stehen bleiben will, wird kurzerhand von ihm auseinandergenommen 😳 Nach etwas Gefummele liegen Haltestange und jede Menge Metall- und Gummischeiben und zwei Spannfedern auf einem großen Haufen und die Luke einsam daneben. Hoffentlich bekommt er das wieder zusammen, denn die verbauten Spannfedern sehen kräftig aus. Oje oje… aber wird schon… er hat noch alles wieder zusammen bekommen🤞. Das Gestänge und die vielen Scheiben werden mit liebevoller Geduld gereinigt und in Einzelteilen zurecht gelegt. Und Ulli bekommt tatsächlich – mit in klein wenig Unterstützung meinerseits – alles wieder zusammengesetzt. Die kräftigen Spannfedern sind nämlich ordentlich widerspenstig, doch mit ein bisschen Fingerspitzengefühl und vereinter Geduld rutscht schließlich alles wieder an seinen Platz. Die Luke sitzt, die Mechanik greift, und der Deckel bleibt endlich in jedem gewünschten Winkel offenstehen. Das Erfolgserlebnis zaubert uns beiden ein breites Grinsen ins Gesicht und wir sind ein wenig stolz auf unser gelungenes Teamwork. Dass sich Ulli an solche Dinge immer rantraut 🫣… einfach ohne Worte! Der Abstandhalter hat ausgedient. Schon wieder eine gute Tat unseres findigen Freundes – ganz lieben Dank!



Und weil heute Geburtstagszeit ist – der Tag hat schon mit eiskaltem Champagner begonnen 🥂🍾 – freue ich mich sehr, dass zwei liebe Freunde meine Einladung zu dem von mir so gerne besuchten „Tamatsu“ (tibetisch-asiatisch mit norddeutschem Einfluss) annehmen. Obwohl der Weg vom Hafen bis zum Restaurant ein gutes Stück entlang der Promenade führt, lassen wir uns die Vorfreude auf einen besonderen Abend nicht nehmen. Das Ambiente ist entspannt, das Essen köstlich frisch und voller Geschmack und genau das Richtige nach den fleißigen Putz- und Bastelaktionen der vergangenen Tage. Wir genießen jeden Bissen und das Zusammensein in vollen Zügen. Die Bedienung ist freundlich und aufmerksam und sorgt dafür, dass wir uns sofort wohlfühlen. Als besondere Freude (für mich jedenfalls) kann ich vermelden, dass wir zumindest einen neuen Sushi-Freund bekehrt haben, der Spaß an den kleinen unterschiedlichen Röllchen gefunden hat. Aber natürlich gibt es auch Bowls, Steak oder Salate – also für jeden etwas. In bester Gesellschaft und mit vielen Geschichten vergeht die Zeit wie im Flug – ein Abend, an den ich mich gerne erinnern werde. Vielen Dank an Mathias und Ulli – und natürlich an Kalli – für einen rundum schönen Tag!



Doch dann ist es soweit… Ulli muss ablegen gen Heimathafen. Sein Termin zum Auswassern naht und auch wir müssen erstmal nach Hause, denn ein Familientermin steht an. Danach kommen wir aber für eine letzte Abschlusswoche wieder aufs Schiff… und haben dann hoffentlich nochmal einige Tage schönen Segelwind. Leider müssen wir uns dann ebenfalls bald aufs Auswassern vorbereiten. So eine Segelsaison geht schon ganz schön schnell vorüber… erst recht, wenn sie so reparaturbeladen ist, wie in diesem Jahr.
Doch bevor Ulli uns verläßt, zeigt sich der kleine Kobold frech doch nochmal – das sollte eigentlich nicht so sein! Die Starterbatterie auf „Jane Doe“ macht schlapp und keinen Mucks mehr. Der Motor springt einfach nicht an 🥴🪫. Leider ist auf die Schnelle hier in Grömitz kein passender Ersatz verfügbar. Ulli hat die Ruhe weg, bastel ein wenig – Überbrückungskabel und so – legt ab und segelt nach Großenbrode. Dort kann ihm geholfen werden und so klappt auch alles mit seinen weiteren Terminen.




Wir putzen anschließend – diesmal innen – noch ein wenig und packen schon mal die vermutlich nicht mehr benötigte Kleidung ein. Für kurze Hosen scheint jetzt wohl doch die Zeit vorbei zu sein. Also ab nach Hause damit. Auch unsere Klappräder dürfen mal mit und sich auf eine gründliche Rundum-Pflege freuen – irgendwie sind wir grad im Putz- und Pflegemodus. Nach und nach wandern alle Dinge, die wir in der letzten Segel-Woche wohl nicht mehr brauchen werden, ins Auto. Das füllt sich ordentlich und an Bord bleibt nur das, was wirklich noch gebraucht wird: ein bisschen Proviant, Segelzeug und natürlich die Vorfreude auf hoffentlich noch ein paar sonnige Tage und passenden Wind zu Mitte September. Alles andere darf sich schon auf eine segelfreie Zeit freuen – genau wie wir.

So gerne ich lieber noch länger an der See geblieben wäre, hat die Heimreise doch auch etwas Gutes: ich kann am Sommerkonzert unseres Akkordeon-Clubs teilnehmen. Dazu muss ich zwar die nächsten Tage zu Hause noch ordentlich üben und meine Finger langsam – oder doch wohl eher schnell – wieder fit machen. Die Stücke fürs Konzert liegen – jedenfalls bei mir – schon eine Weile ungespielt im Notenfach, denn an Bord habe ich nur Noten für Seemannslieder und allerlei gemischtes zum Mitsingen. Doch mit ein wenig Disziplin und Freude am Üben klappt es bestimmt, die Melodien und Rhythmen rechtzeitig zurück ins Gedächtnis zu holen. Die Vorfreude steigt und meine Mitspieler*innen freuen sich bereits auf die Verstärkung. Schön zu wissen, dass ich Teil dieser musikalischen Gemeinschaft bin und zum Sommerkonzert beitragen kann.


Tschüß bis zur letzten Segelwoche… 💁🏻♀️💁♂️
Stay tuned und keep watching