Geduld ist nicht die Fähigkeit zu warten, sondern die Fähigkeit, beim Warten gut gelaunt zu bleiben…

Kappeln 12. – 23. April 2022

Die Inkompetenz bezgl. der Planung der Reparaturarbeiten an der Kappelner Brücke ist durch nichts zu überbieten. Sorry, vielleicht ist die Aussage ungerecht und zu hart… aber der Frust musste mal raus. Soeben ist uns nämlich – nach einer zweistündigen Video-Konferenz der verantwortlichen der Kappelner Brücke (schleswig-holsteinisches Wirtschafts- und Verkehrsministerium) mit den ansässigen Werft- und Tourismusbetrieben (Aktionsbündnis Maritime Wirtschaft Innere Schlei) – die ernüchternde Nachricht übermittelt worden: die Brücke öffnet erst am 30. April. Soviel Alkohol kann man garnicht trinken, um aus dieser sch… Nachricht eine halbwegs akzeptable Situation zu basteln. Also lassen wir das lieber und beruhigen uns nur mit einem richtig leckeren Rum auf die blöde Nachricht.

Wir kommen einfach nicht weiter. OK, das Wetter ist sonnig, wir sind gesund, Pilgrim zerrt zwar etwas ungeduldig an seinen Festmacher-Leinen und will endlich ablegen… aber wir haben ja nichts auszustehen. Der Wind kommt meist direkt von vorne und so können wir windgeschützt bei Sonnenschein im Cockpit sitzen – kurzärmelig, barfuß… was will man mehr (außer einer geöffneten Brücke). Andere Menschen machen auch 2 Wochen Urlaub in Kappeln. Wir jetzt eben auch. Mich/ Petra wurmt es natürlich schon besonders. Wenn die Brückensperrung frühzeitig bekannt gewesen wäre, hätte ich auch einfach vier Wochen länger arbeiten können und meine Auszeit später begonnen. So wird der erste Monat – gefühlt – irgendwie verdaddelt. 🤮 Ich hasse Brücken 🧨

Aber der Reihe nach ab Dienstag, 12.04.22: noch guten Mutes ob der angesagten Brückenöffnung am 22. April tun wir unser Bestes und nutzen den unfreiwilligen Aufenthalt in Kappeln, so gut es geht. Schon beim ersten Spaziergang durch die Stadt fällt uns die Werbung eines Segelmachers ins Auge und kommt uns irgendwie bekannt vor. Bei genauerem Studium wird klar: das ist der Segelmacher, der vor Jahren unsere erste Sprayhood und das dazugehörende Cockpitzelt (Kuchenbude) für unser Schiff gebaut hatte. Er war dann einige Jahre anderweitig unterwegs, ist jetzt aber wieder als Segel- und Persenningmacher am Start. Unser Glück: nach einem Telefonat kommt er gerne zu uns an Bord und hört sich unser Problem an. Wir haben uns nämlich im Winterlager eine zus. Winsch montieren lassen, was allerdings zur Folge hat, dass unsere Kuchenbude nicht mehr richtig sitzt. Ein Ausschnitt für die Winsch muß eingearbeitet werden. Bisher war keine Anfrage bei einem Segelmacher von Erfolg gekrönt. Kein Segelmacher hat Zeit – kein Wunder zu Saisonbeginn. Herr Herrmann (SchleiSegelMacher) hat eigentlich auch keine Zeit, aber aus alter Verbundenheit und nach einem längeren Plausch im Cockpit erklärt er sich bereit, uns zu helfen. 

Und weiter geht’s: wir sind uns nicht ganz sicher, ob unser Rigg gut getrimmt ist. Für Landratten: es könnte sein, dass die Drähte, die den Mast in seiner Position an Deck halten, nicht fest und gleichmäßig genug gespannt sind. Wir fahren normalerweise dafür gerne nach Fehmarn zu „unserem“ bewährten Trimmer Christian Thiele von Rigg&Deck. Doch das klappt in diesem Jahr nicht. 

Auf Nachfrage bei einem hier in Kappeln ansässigen Werftbetrieb und Bitte um Abhilfe lautete die Antwort, wie erwartet: „wir sind bis Mai total ausgebucht – sorry.“ Und dann hören wir mit großer Freude den leisen Nachsatz: „evtl. hat ja unser Trimm-Profi nach Feierabend noch Lust, mal bei euch vorbeizuschauen.“ Große Freude!! 

Und tatsächlich klopft es am späten Nachmittag bei uns am Schiff und Hartmut, gut gelaunt und super nett, kommt an Bord. Wir merken sofort, dass wir uns irgendwie auf der selben Wellenlänge bewegen. Er kümmert sich professionell um unser Rigg und siehe da, nicht nur wir haben jetzt ein besseres Gefühl, auch unser Schiff fühlt sich besser: die Bodenbretter im Schiff, unter denen diverse Vorräte eingelagert sind und die bisher beim Öffnen geklemmt und geschliffen haben, lassen sich jetzt problemlos öffnen. Doppelt große Freude!! 

Nach (Hartmuts) getaner Arbeit sitzen wir noch eine ganze Weile gemeinsam bei leckeren Kaltgetränken im Cockpit, erzählen viel und haben einen richtig schönen Abend. Lieben Dank nochmal, Hartmut, für Deinen spontanen Einsatz, eine schöne Segelsaison und hoffentlich sehen wir uns wieder!!

Stadtbummel – mehrfach – durch Kappeln…

wer Petra kennt, weiß, dass sie an einem Geschäft mit solch einer Außendeko nicht vorbeigehen kann

Unsere Fahrräder sind inzwischen auch schon zum Einsatz gekommen. Denn wenn wir schon (im Moment) nicht auf dem Wasserweg nach Olpenitz kommen, wollten wir uns das dort entstandene riesige Ostsee Resort Olpenitz (ORO) wenigstens auf dem Landwege mal anschauen. Wir haben vor 9 Jahren das letzte (und bisher einzige) Mal im Hafen Olpenitz festgemacht – damals noch an alten, maroden Steganlagen und Waschmöglichkeiten im stickigen und stinkigen Container. Die Umnutzung und neue Bebauung des ehemaligen Marinestützpunktes hatte grad erst begonnen und die ersten 10-20 Häuser standen. Hübsch, individuell und weit voneinander entfernt. 

Und jetzt? Häuser über Häuser. Hunderte. Eng an eng. Und es wird immer noch weiter gebaut. Solch ein riesiges Ferienhaus-Gebiet muss man schon mögen. Das eine oder andere Gebäude ist ja ganz hübsch, aber in dieser Menge… und in dieser Enge… nein danke. Und Hafen? Einige wenige neue Schwimmsteg und Boxenplätze sind vorhanden. Und das Sanitärgebäude soll auch ganz ok sein. Aber wir entscheiden, hier wirklich nur mal in einem absoluten Notfall einzulaufen. Schön ist anders. Übrigens haben wir auch nur ein Restaurant gefunden, bei dem man mal was trinken konnte… und der neue Edeka-Markt war geschlossen – an einem Dienstag in den Osterferien 🤷‍♀️?? 

Eine weitere Fahrradtour führte uns nach Arnis, mit ca. 300 Einwohnern Deutschlands kleinster Stadt. Gemütlich, hyggelig (wie der Däne sagt), unbedingt einen Besuch wert!

Die Besiedlung von Arnis begann, als der Kappelner Lehnsherr Detlev von Rumohr auf Roest von seinen Untertanen verlangte, den Treueeid zu schwören. 64 Familien wollten jedoch unabhängig bleiben, wodurch ihnen ein Verbleib in Kappeln untersagt wurde. Daher ersuchten sie Herzog Christian Albrecht, ihnen die damalige Insel Arnis zur Besiedelung zu überlassen. Heute befindet sich die Urkunde mit der Besiedelungserlaubnis im Landesarchiv in Schleswig. 1667 wurde somit Arnis gegründet, die Insel gerodet und bebaut. Noch heute sieht man einige historische Spuren.

Zu Arnis noch mehr zu schreiben – und es gäbe noch vieles – würde aber den Rahmen sprengen. Es lohnt sich, mal bei Wikipedia reinzuschauen. Oder besser selbst mal hinzufahren. Leider haben wir – als wir in Arnis waren – den Überraschungsbesuch von früheren Stegnachbarn aus Grömitz verpaßt. Mist.

Und dann haben wir festgestellt, das wir unsere bewährten Kochtöpfe austauschen müssen. Ein Segelfreund aus Wismar hatte uns nämlich empfohlen, als Reserve bzw. für den Notfall eine separate elektrische Kochplatte mit an Bord zu nehmen. Manchmal sei es in Finnland schwierig, die an Bord zum Kochen benötigten Gasflaschen bei Leerstand zeitnah gegen volle tauschen zu können. Und dann hätte man wenigsten – eine vernünftiger Stromabsicherung im Hafen vorausgesetzt – eine praktikable Koch-Alternative. Wir grillen zwar gerne, aber das paßt halt auch nicht immer.

Für Tipps sind wir ja immer dankbar und daher hatten wir schon von zu Hause eine Kochplatte mitgebracht. Möglichst klein, möglichst dünn, gut zu verstauen… = Induktion! Unsere Vorahnung, dass die bisherigen Kochtöpfe mit dieser Technik noch nicht umgehen könnten, bestätigte sich leider sofort. Nur eine kleine Eier-Pfanne funktioniert mit Induktion. Folglich haben wir in Kappeln unsere 20 Jahre alten Töpfe (war aber das Gute noch nicht von ab…) gegen induktionsfähige Modelle getauscht. 

Über das Osterwochenende füllte sich der Hafen vor der nach wie vor geschlossenen Brücke merklich. Viele Segler aus Schleswig und drumherum nutzten die verlängerten Öffnungszeiten der Lindaunis-Brücke, um wenigstens dort schon mal durch zu sein… wie wir auch. Und ein bisschen Hoffnung, das die Kappelner Brücke doch vielleicht schon vor dem 22. April repariert ist und öffnen kann, spürt man bei allen ganz deutlich.

Ostersonntag beginnt für uns mit einer Überraschung: der Sonntagsausflug von lieben Freunden aus Isernhagen hatte Kappeln als Ziel und führt sie zu uns an Bord… inkl. frischem Spargel, Kartoffeln, Schinken, Hollandaise… alles mitgebracht und sogar schon geschält!!! Was für eine tolle Idee.

Das Kaiserwetter genießen wir gemütlich im Cockpit und lassen uns – nach einem Stadtbummel durch Kappeln – das leckere Spargel-Essen schmecken. Und von Melanie (übrigens eine tolle Köchin!) selbstgekochte Spargel- und Tomatensuppe für die nächsten Tage haben wir jetzt auch noch im Kühlschrank!!! Genial!! 

Ganz lieben Dank für Euren Besuch! Das war ein richtig schöner Tag! 

Und ein praktischer Nebeneffekt: unsere ausgemusterten Töpfe bekommen eine Transportmöglichkeit nach Hause.

Und noch was fröhliches am Rande: der Osterhase war in diesem Jahr im Skagerrak unterwegs. Das gerade erst von der Meyer-Werft fertiggestellte Kreuzfahrtschiff „Disney Wish“ (das erste mit Flüssiggas betriebene Schiff für Disney Cruise Line, Jungfernfahrt im Juni 2022) hat am Ostersonntag eine erste Probefahrt zur technischen und nautischen Erprobung auf der Nordsee unternommen und die Zeit genutzt, einen originellen Ostergruß an die Welt zu senden. Sie wählten ihren Kurs so, dass ein großer Osterhase über die Kursverfolgung bei MarineTraffic zu sehen war. Die Navigationssysteme scheinen zu funktionieren 👍👏👏🐇

Wir werden Kappeln und die Umgebung bis zum 30.04.2022 (?) weiter erkunden und unseren Radius jetzt mit einem uns von unserer Winterlager-Werft zur Verfügung gestellten Pkw (🙏 🙏) etwas erweitern.

Immer lustig bleiben! 🤡

Kommentare:

2 Responses

  1. Liebe Petra, lieber Kalli,
    Vielen Dank, dass Ihr uns teilhaben lasst. Wir drücken Euch die Daumen, dass es mit der Brücke nun schnell und zügig voran geht. Genießt die entspannten Tage. Herzliche Grüße von Heide und Jürgen, Steg 9

  2. He‘, habe eure Seite durchstöbert.
    Wie geschrieben, ich bleibe dabei und drücke die Daumen für alles was noch kommt.
    Jörg

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