Langsamer Start zum Törn… oder auch nicht

Der Grömitzer Hafen füllt sich in diesem Jahr irgendwie deutlich später als in den anderen Jahren. Dabei… am Wetter kann es nicht wirklich liegen, denn das ist garnicht so schlecht. OK… natürlich noch nicht richtig warm, sondern sogar eher richtig kalt… aber es ist schön sonnig. Doch selbst die in der Vergangenheit immer gerne zum Einwassern genutzten Osterfeiertage Mitte April bringen keinen Schwung bei der Belegung der Liegeplätze… viele Plätze sind leer. Wo sind die Schiffe alle? Man munkelt, viele Segler gehen nur noch für den Törn ins Wasser und sparen sich den Dauerliegeplatz. Kann wohl sein… haben wir auch schon mal drüber nachgedacht. Aber es ist schon schön, vertraute und liebe Menschen in der Liegeplatz-Nachbarschaft zu haben. Jedenfalls soll es in vielen Häfen inzwischen freie Plätze und keine Wartelisten mehr geben.

Wir fahren einige Wochenenden zwischen zu Hause und Grömitz hin und her, denn es stehen noch verschiedene Heimat-Termine an. Und dann ist es endlich so weit: Anfang Mai bleiben wir an Bord und sind startklar für einen ersten diesjährigen Törn. Doch vor dem Start – große Freude – bekommen wir in Grömitz Besuch: unser Freund Ulli hat auf Fehmarn sein Schiff zu Wasser gelassen, um sich wieder auf den Weg in die nördlichen Regionen der Ostsee zu begeben. Und zu unserer Freude segelt er erst noch einen kleinen Schlenker gen Süden und macht in Grömitz fest, um sich noch einmal unserem Getriebe-Kobold zu widmen. Es läßt ihm einfach keine Ruhe – und nagt vielleicht auch ein wenig an seiner Bastel-Ehre – dass er den im letzten Jahr aufgetretenen blöden Fehler in unserer Motor- und Getriebesteuerung bisher nicht finden und final beheben konnte. 

Wir starten die Basteltage aber erstmal mit einem leckeren Spargelessen an Bord und erst danach macht sich Ulli auf die hartnäckige Suche nach dem Fehler-Kobold 🔍 Trotz der vielen Bastelei machen wir uns aber auch eine schöne Zeit in Grömitz. Zwischendurch ist sogar segeln angesagt: Ulli hat sich nämlich einen Satz neue Segel gegönnt und diese müssen natürlich getestet werden. Fremdsegeln auf „Jane Doe“ macht echt Spaß! Erst hat es den Anschein, dass das Groß-Segel nicht korrekt zugeschnitten ist bzw. nicht vernünftig durchgesetzt werden kann. Doch nach diversen Tests und Kontrolle der Mastrutscher scheint doch alles OK. Nach der Segel-Freude geht Ulli allerdings gleich wieder unter Deck „in die Werkstatt“. Wie kann man nur soo hartnäckig sein – ich meine dabei nicht den Fehler-Kobold, sondern Ulli!

Rein seglerisch verpassen wir derweil auch nichts, denn der Wind hat auf östliche Richtungen gedreht – dorthin hätten wir sonst gerne unseren Törn begonnen – und hat dabei auch kräftig aufgedreht. Strammer und richtig kalter Wind bläst uns entgegen. Dabei ist das Wetter ansonsten herrlich: strahlende Sonne wärmt einen… allerdings nur an windgeschützten Plätzen. 

Ich kann an dieser Stelle von einem neuen Spitznamen für Ulli berichten. Er ist nämlich nach einer Augen-OP noch sehr lichtempfindlich und trägt gerne und andauernd Sonnenbrille… Modell „Overbeck“ 😎. Der als Polizei-Ermittler aus den beliebten Wilsberg-Krimis bekannte Typ stand Pate für Ullis neuen Namen. Und eine gewisse – selbstverständlich nur optische – Ähnlichkeit lässt sich nicht leugnen.

Ulli ist unermüdlich. Er baut diverse Kabelbäume aus, verlötet diese neu, entfernt überflüssige Kabel, tauscht Anschlüsse von Potentiometern – Potentiometer? wofür sind die eigentlich? – und schließt sie wieder an… Und siehe da: der Fehler-Kobold ist zwar nicht eliminiert, aber immerhin endlich eindeutig identifiziert!!! Bei einem Ablegeversuch geht nämlich unser Motor beim Einlegen des Rückwärtsganges in Vollgas. Schrecksekunde! 😳Glücklicherweise sind unsere Leinen noch nicht alle gelöst, sodass wir den Motor ausmachen und uns einfach wieder in unsere Box ziehen. Dass muss an den getauschten Potis liegen!!!

Ulli ist zwar schon vorm Hafen und bereit, seine Segel zu setzen, doch er bricht sein Manöver umgehend ab, kehrt um und kommt zurück in den Hafen… um sich sogleich wieder an seine Basteltätigkeit bei uns unter Deck zu begeben – schön im Schatten, das kommt ihm bzw. seinen Augen sehr entgegen. Da das Herausspringen des Ganges natürlich längst nicht so störend und gefährlich ist wie plötzliches Vollgas, werden die Potis wieder so angeschlossen, wie sie ursprünglich waren. Das bedeutet, sämtliche Verbindungen und Lötstellen wieder lösen und neu, wie ursprünglich verbaut, wieder zusammenlöten. Immerhin kann ich dabei mal etwas helfen: Frauenhände können einfach mehr Hitze ertragen und so drücke ich die Kabelenden jeweils dicht aneinander, damit Ulli perfekte Lötstellen fabrizieren kann. 

Offensichtlich hat also einer der beiden im Gashebel eingebauten Potentiometer einen Fehler. Immerhin können wir diesen jetzt – ohne Gas und festgemacht am Liegeplatz – reproduzieren und sind uns sicher: da ist er, der Fehler-Kobold! 🤡 Leider können die Potis nicht ausgebaut werden, denn sie sind im Gashebel an der Steuersäule im Cockpit fest verbaut. Das bedeutet: Gashebel neu bestellen und die Steuerung umbauen. Identischen Ersatz für den Gashebel gibt es allerdings nicht mehr, daher ist der Wechsel auf einen anderen Hersteller notwendig und das bedeutet natürlich auch den Umbau der gesamten Steuereinheit. Diese sitzt unter Deck neben dem Motor. Und nur die zum Gashebel passende Steuereinheit übersetzt die elektrischen Signale des Schalthebels von oben im Cockpit korrekt an die Bowdenzüge unten am Motor. Wäre ja sonst auch zu einfach 🤬 Diese Kosten hätten wir uns (und Ulli uns) gerne erspart. Nunja… kann nicht alles klappen 🤷‍♀️

Wir üben uns also in Geduld, bis der bestellte Ersatz geliefert wird und die Werft Zeit zum Umbau hat. In der Zwischenzeit wechseln wir nochmal das Schiff und fahren zur Besichtigung der Passat nach Travemünde – natürlich mit dem Auto. Zum Segeln ist es selbst Ulli zu ungemütlich und so genießen wir gemeinsam einen sonnigen und stürmischen Tag in Travemünde.

Anschließend zurück in Grömitz beschließen wir den Tag bei uns an Bord. Der Skipper einer weiteren Nordship (Markus von der „Fifty-Fifty“), der zufällig im Hafen Station macht, kommt zu kurzweiligen Gesprächen und aufmunternden Worten. Fun Fact am Rande: auch Markus kennt Ulli schon von diversen Treffen in den Weiten der Ostsee und so haben wir alle einen sehr unterhaltsamen und harmonischen Abend.

Am nächsten Tag – der Wind hat deutlich nahgelassen – wagen wir einen weitern Versuch, vielleicht doch noch auf einen Kurztörn zu gehen. Der Ablegeversuch endet allerdings mit einem unkonventionellen Hafenmanöver… man muss ja auch mal was für die Zuschauer tun. 

Kaum haben wir nämlich unseren Liegeplatz rückwärts verlassen und Fender und Festmacher-Leinen gut verstaut, befinden wir uns zwischen den Stegreihen im Fahrweg. So weit, so gut. Diesen Fahrweg wollen wir dann vorwärts verlassen, doch diesmal läßt sich der Vorwärtsgang nicht einlegen. Vermutlich hat sich durch die viele Bastelei die Kalibrierung der Schaltung irgendwie verstellt. Das haben wir allerdings nicht nochmal getestet… war ja bisher auch immer in Ordnung. 

Doch nun geht vorwärts garnichts. Und auch Maschine aus- und wieder anschalten schafft, wie sonst schon mal, keine Abhilfe. So lassen wir den Wind uns behilflich sein: abwechselnd vom Wind in die eine Richtung getrieben, dann mit dem funktionierenden Rückwärtsgang in die andere Richtung gefahren, zur Seite etwas mit den Seitenstrahlrudern justiert – gut, dass wir die Dinger haben! – und dann sind wir irgendwie wieder in der Nähe unserer Box. Nachbarn fangen unsere in der Zwischenzeit wieder parat gelegten Vorleinen auf und ziehen uns an unseren Liegeplatz. Prima… Danke! Alles gut gegangen.

Ulli, der an der Hafenausfahrt auf uns gewartet hat, kommt zurück und macht wieder hinter uns fest. Er kommt gleich an Bord, um das Getriebe neu zu kalibrieren und läßt sich auch nicht davon abhalten. Er soll doch lieber (erstmal) segeln gehen. „Nein, ich weiß, woran das liegt. Das geht fix.“ Und es geht auch fix. Wir haben aber keine Lust mehr, danach nochmal abzulegen. Die Luft ist irgendwie raus. Jetzt muss Ulli leider seinen Segeltörn alleine beginnen… wir hätten ihn gerne einige Etappen begleitet, doch jetzt steigen wir aus. Irgendwie haben wir die Faxen dicke und nicht mehr die richtige Motivation. Wir beschließen: es wird nur noch einmal abgelegt: zur Fahrt in die Werft, wenn das Ersatzteil geliefert und ein Montagetermin feststeht!

Tschüß Ulli, ganz vielen lieben Dank für deine unermüdliche Suche und Hilfe, und hab eine schöne Saison. Auf ein baldiges Wiedersehen… dann aber ohne basteln!

Mit weiteren Erlebnissen von bzw. über unsere diesjährige Segelsaison wird es nun wohl noch etwas dauern.

Bis dahin… 💁‍♀️💁‍♂️

Stay tuned und keep watching

Kommentare:

2 Responses

  1. Hallo Ihr Beiden,
    dann wüsche ich Euch viel Glück bei der Reparatur und einen schnellen Termin. Im Moment ist das Wetter ja viel zu schade, um im Hafen zu liegen.
    Grüße aus Celle von Olli

  2. Aufgeben ist ja nie eine Option, ich drücke die Daumen, daß sich euer Steuerproblem bald auflöst.
    Schöne Zeit noch und bis bald.
    Jörg von Norderney

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